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Barocke Liebeslyrik (1600 - 1720) - Textauswahl

Nun schleichet dein Schätzchen

Johann Christian Günther (1694-1795)


FAChbereich Deutsch
Glossar
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Nun schleichet dein Schätzchen
Johann Christian Günther (1694-1795)
 

Nun schleichet dein Schätzchen mit wankendem Schritte,

 

Nun schleicht sie zu Bette, mißt sie die Tritte.

 

O welche Veränderung droht ihr der Ort!

 

Auf! Künftiger Ehemann, und mache dich fort

5

Und laß sie nicht etwan im Kranze zurücke!

 

Sie zittert, sie bebet, verkleinert die Blicke

 

Vor Warten der Dinge, die jetzo geschehn.

 

Sie grämt sich zu fühlen und scheut sich zu sehn,

 

Verhüllet den Wohlstand der züchtigen Röte;

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Und bin ich im Lieben kein fremder Poete,

 

So mein ich, es lock ihr der nahe Verlust

 

Die frühe Bereuung aus Augen und Brust.

 

Verfolge sie kühnlich und laß dich nicht irren,

 

Betäub ihr die Seufzer durch Küssen und Kirren,

15

Verschluck ihr den Kummer, verzehr ihr die Pein

 

Und sauge die Tränen der Jungfrauschaft ein!

 

Empfängt nun der Brautpfiehl die reizenden Glieder

 

Und zieht dich ihr artiges Lager darnieder,

 

So bist du vergnügter und glücklicher dran,

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Als böte dir Mogol sein Kronengold an.

 

Ich wenigstens wäre noch besser zufrieden,

 

Als wenn mir gleich Anna drei Reiche beschieden.

 

Hier mache das Vorspiel, hier spitze de Hand

 

Und bringe das Hauptwerk der Wollust instand.

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Erhitze die Adern durch sanftes Bewegen

 

Und klatsch ihr die Backen mit freundlichen Schlägen

 

Und küß ohr die Augen und netzihr das Kinn.

 

Bald grüble von weiten, bald wälze dich hin.

 

Bald strecke den Vorwitz der listigen Finger,

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Bald kneipe die runden und wallenden Dinger

 

Und küsse nach vieler Erfindung und Art

 

Und forsche, was Amor am tiefsten verwahrt.

 

Besinn ich mich richtig, so wird sie dich strafen,

 

So dichtet sie anfangs ein nötiges Schlafen,

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So nennt sie dich lose, so zückt sie und rückt,

 

So weit sich’s im Bette der Breite nach schickt.

 

Sie droht dir und droht nur, sie will sich erbosen,

 

Sie stemmt sich, den Angriff zurück zu stoßen:

 

Sie wehrt sich mit Tränen, sie krümmt sich und spricht

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Und weinet darzwischen: Ach, tu es doch nicht!

 

Doch tu es nur immer und halt ihr die Armen,

 

Denn hierher gehört nicht des Nächsten Erbarmen,

 

Sie streitet, du streitest, ihr streitet zugleich;

 

Durch Streiten und Kämpfen mehrt Venus ihr Reich,

45

Durch Streiten und Kämpfen wächst Kyprigors Stärke.

 

Die Stunden verfließen, drum schreite zum Werke

 

Und brauche, sobald du den Vorteil erlernst,

 

Den lieblichen Notzwang, den scherzenden Ernst.

 

Erhasche den weichen und fliehenden Nacken,

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Es mag auch sein Widerstand noch so sehr knacken,

 

Und prüfe die Schönheit der ganzen Person;

 

Ein Diener der Liebe besichtigt den Lohn,

 

Bald senke dich unten, bald breite dich oben,

 

Verwechsle die Glieder, versuche die Proben,

55

Sei immer geschäftig und überall da

 

Und bring es dem ehrlichen Kinde so nah,

 

Bis hinten am Rücken und vornen am Leibe

 

Kein einziges Fleckchen entschuldigt bleibe.

 

Vom Nacken zum Halse, vom Halse zur Brust,

60

Ich darf es nicht nennen, du wirst es wohl finden.

 

Hierunter hat Venus ein Wunder versenkt

 

Und Flammen und Funken zusammen vermengt.

 

Auszug aus "Hochzeitscarmen", zit. n. Lahnstein 1974, S. 36f.)

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 23.12.2023

   
   Arbeitsanregungen:

Interpretieren Sie das Gedicht von Johann Christian Günther (1694-1795)

  1. Geben Sie den Inhalt des Gedichtes wieder.
  2. Arbeiten Sie heraus, aus welcher Perspektive die Hochzeitsnacht dargestellt wird.
  3. Zeigen Sie, welche sprachlich-stilistischen Mittel der Autor zur Gestaltung der Aussage des Gedichtes  verwendet.
  4. Zeigen Sie, welche Elemente barocken Denkens in dem Gedicht zum Ausdruck gebracht werden.
  5. Wie beurteilen Sie von Ihrem heutigen Standpunkt aus das dargestellte Verhalten?

 

 
 
 

 
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