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Didaktische und methodische Aspekte

Für die Strukturen von Uneigentlichkeit sensibilisieren


FAChbereich Deutsch
Glossar
Literatur Autorinnen und Autoren Literarische Gattungen Erzählende TexteStrukturen erzählender Texte Formen erzählender Texte Überblick Traditionelle Epik und moderne MontageepikFabel ▪ Gleichnis Kurzgeschichte [  ● Parabel ▪ Quickie: So interpretiert man eine Parabel Häufig gestellte Fragen Didaktische und methodische Aspekte ÜberblickTypen der Parabel Schulische Interpretation einer Parabel [ Didaktische und methodische Aspekte  Überblick Fremdheitserfahrungen thematisieren/Sich auf moderne verrätselte Parabeln einlassen Sprachliche AnalyseArbeitsschritte beim produktorientierten Schreiben ]  TextauswahlBausteine Dramatische Texte Lyrische Texte Literarische Zweckformen Grundlagen der Textanalyse und Interpretation Literaturunterricht Schreibformen  Operatoren im Fach Deutsch
 

Bausteine 

Die Beschäftigung mit ▪ Parabeln, ihre Analyse und Interpretation, ist ab der späten Sekundarstufe I bis hin zum Abitur ein Gegenstand des Literaturunterrichts und eine gängige Schreibaufgabe. Je nach dem Charakter der Schreibaufgabe dient die Textarbeit mit solchen Texten dem Erwerb und der Förderung literarästhetischer Rezeptions- und literarästhetischer Produktionskompetenzen.

Dabei müssen die Anforderungen an solche Aufgaben im Rahmen einer schrittweisen Weiterentwicklung entsprechender Kompetenzen betrachtet werden.

Dies kann und soll an dieser Stelle nicht geleistet werden. Stattdessen sollen lediglich Hinweise gegeben werden, die in einem solchen Kontext fachwissenschaftlich und fachdidaktisch berücksichtigt werden sollten.

Soviel nur: In der späten Sekundarstufe I kommen sowohl ▪ entwicklungspsychologisch als auch aufgrund der bis dahin erfolgten ▪ Lesesozialisation neben ▪ traditionellen Parabeln auch gesellschaftskritische Parabeln der Moderne wie z. B. »Keuner-Geschichten »Bertolt Brechts (1898-1956) in Frage, in der Sekundarstufe II moderne verrätselte und poetisch-expressive Parabeln wie die Parabeln von Franz Kafka oder Günter Kunerts, die oft paradoxe Grundstrukturen aufweisen und die Gesetze der Wahrscheinlichkeit überschreiten und die Texte damit auch für für fantastische Elemente öffnen. (vgl. Nickel-Bacon 2014, S.103)

Für das uneigentliche Sprechen in Parabeln sensibilisieren

Wie Werner Brettschneider (1971, S.9) betont, ist das erste und wichtigste Gattungsmerkmal der Parabel "das uneigentliche, gleichnishafte Sagen". Darunter versteht er ein Sprechen bei dem das, was gesagt bzw. ausgesprochen wird, nicht das ist, was eigentlich gemeint ist.

Diese Grundstruktur prägt die Parabel beim Erzählen. Was also erzählt wird, und mag das noch so kurz sein, verweist also stets über sich hinaus. Die Bedeutung Erzählten muss demnach vom Wortlaut des jeweiligen Textes zu unterscheiden sein und gesucht und gefunden werden.

Dabei ist diese Bedeutung nicht etwa in die Reihenfolge der sprachlichen Zeichen "eingraviert", sondern ist ein konstruktiver, psychisch-kognitiver Akt, den ein Leser dem Text aufgrund seines Wissens und seiner Dispositionen zuschreibt.

Das schließt eben auch ein, dass einem Leser, insbesondere wenn ein Text kein explizites Transfersignal aufweist, das ihn auffordert, das Erzählte auf auf einen Bereich außerhalb des erzählten Geschehens zu übertragen, sich bei seiner Rezeption mit dem "vordergründigen" Handlungssinn begnügt und damit, zumindest bei der Rezeption, Mustern folgt, die eher bei der Interpretation von Kurzgeschichten angebracht sind.

Schülerinnen und Schüler fühlen sich, was das "uneigentliche Sprechen" in kürzeren erzählenden Texten angeht, oft keineswegs sicher und fragen oft verzweifelt, entsprechende Hilferufe in Foren im Internet sind dafür ein deutliches Zeichen, woran man eine Parabel erkennt (vgl. FAQ 2). Stehen sie vor entsprechenden Schreibaufgaben, treten leicht ▪ Schreibschwierigkeiten und Schreibstörungen auf, die manche Schülerinnen und Schüler nur dadurch im Zaum halten können, dass sie ihre ▪ lernstrategischen Orientierungen beim Schreiben entsprechend anpassen und zu schreiben versuchen, "was der Lehrer bzw. die Lehrerin hören will".

Nicht nur in den Foren, sondern oft auch in der Schule werden sie dann mit ein paar "lausigen" sprachlichen und erzähltechnischen Merkmalen abgespeist, die mit ihrem eigentlichen Problem: "Woran erkennt man, dass etwas anderes gemeint ist als nur das Erzählte?" nicht im Geringsten beantwortet. Die negativen Motivationseffekte solcher "Ratschläge" liegen auf der Hand. Sie jedenfalls machen keinen Mut, sich mit den Voraussetzungen des eigenen Textverstehensprozesses ( volitionale und metakognitive Aspekt des Lesens) zu beschäftigen oder sich intensiver auf den Text einzulassen, um weitere Textaspekte in Augenschein zu nehmen und Hypothesen über deren Zusammenwirken zu entwickeln.

Das Abarbeiten eines Merkmalkatalogs wie er in dem nebenstehenden Mind Map dargestellt ist, kann jedenfalls die Textsorte bzw. Gattung als Ganzes kaum beschreiben und bestenfalls zur Beschreibung eines parabolischen Textes mit herangezogen werden, dessen grundlegendes Merkmal eine vorher schon festgestellte "Uneigentlichkeit" in ihren vielgestaltigen Erscheinungsformen ist.

Explizite und implizite Transfersignale unterscheiden und erkennen können

Für die Analyse von ▪ traditionellen und ▪ modernen Parabeln ist es unerlässlich ihre Strukturen zu kennen und zu verstehen.

Im Lern- und Übungsraum schulischen Lernens kann die Erarbeitung der Strukturen und ihrer Unterschiede induktiv oder deduktiv als Bottom-up- oder Top-Down-Verarbeitung erfolgen. Hilfreich sind in jedem Falle "kontrastive Parabelanalysen", die "neben den narrativen Kategorien von Raum, Zeit, Figur und Handlung vor allem die Perspektiv- und Sprachgestaltung" (Nickel-Bacon 2014, S.109) textübergreifend miteinander vergleichen und so auf Verfremdungen ebenso aufmerksam machen wie auf Strukturelemente, die den verschiedenen Textbeispielen vorhanden sind oder eben fehlen.

  • Die Annahme, dass es sich bei einem Kurzprosatext um eine Parabel handelt, gründet bei einem Leser, der schon über einschlägige Erfahrungen mit solchen Texten eines bestimmten Autors, z. B. von ▪ Franz Kafka hat, in der Regel darauf, dass solche Texte relativ vereinfachend einem allgemeinen Parabelbegriff zugeordnet werden können, der allerdings ziemlich ungenau ist.

  • Für schulische Zwecke ist zur Beschreibung der Textsorte aber stets die  Unterscheidung zwischen der ▪ traditionellen und der ▪ modernen Parabel hilfreich. Sie liefert Hinweise für das Textverständnis, die man ansonsten vielleicht leicht übersehen kann. Am besten ist natürlich, wenn man die Unterschiede an Beispielen kennengelernt hat.

  • So gilt als Musterbeispiel der traditionellen, eindeutig lehrhaften Parabel die ▪ Ringparabel  (▪ III,7 - Nathan bei Saladin) in ▪ Lessings Drama ▪ Nathan der Weise.

 
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Wird ein Text als ▪ moderne Parabel verstanden, dann ist damit zumindest von vornherein klar, dass der Text ▪ wahrscheinlich keinen engen Verweisungszusammenhang zwischen einer Sachhälfte und Bildhälfte hat.

Das bedeutet, dass ein über die wörtliche Bedeutung hinausgehender Sinn der Geschichte nicht zwingend außerhalb des eigentlichen Textes im Normativen, Transzendenten oder Metaphysischen zu finden ist.

Worauf und wie der Leser die von ihm erkannte Suchanweisung nach einem übertragenen Sinn der Geschichte einlöst, bestimmt das ▪ Zutun des individuellen Lesers und seiner Leseart bei der Rezeption. Zugleich wird dadurch auch die grundsätzliche Vielzahl möglicher Konkretisationen stärker ins Blickfeld gerückt.


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Die "Uneigentlichkeit" des Textes plausibel feststellen

Um einen Text wie z. B. ▪ Franz Kafkas ▪ »Der Aufbruch« als parabolischen Text einordnen zu können, der im Analogieschluss auf etwas anderes übertragen werden kann, ist es zunächst wichtig, die sogenannte  "Uneigentlichkeit" des Textes plausibel festzustellen.

Das geschieht unter literaturdidaktischem Vorzeichen dadurch, dass man es versteht, am Text plausibel zu machen, woraus man schließt, "dass der Text eine 'andere' Bedeutung hat" (Zymner 1991, S.88). Dabei kommt es in der Schule nicht so sehr auf die eindeutige Identifizierung von (impliziten) Transfersignalen an, aber zumindest darauf, aufzuzeigen, was sich einem am rein Buchstäblichen des Textes orientierten Textverständnis auf der Bedeutungsebene des Textes entgegenstellt.

Da die moderne Parabel im Allgemeinen keine expliziten Transfersignale enthält, die auf einen mehr oder weniger bestimmten Bildbereich verweisen, muss man dafür den Sachbereich genau analysieren.

Im Verlauf fortschreitenden Textverstehens stößt man dann oft auf "Ungereimtheiten", die wie absichtlich aufgestellte "Stolpersteine" der Vorstellung entgegenstehen, die man sich möglicherweise schon vom Text als Ganzem und seiner Bedeutung gemacht hat. Jede neue Information, die man dem Text oder einem Kontext entnimmt, kann dabei so geartet sein, dass sie ein rein wörtliches Textverständnis sprengt und in eine andere Richtung bewegt.

Die Gefahr: Ungereimtheiten werden durch ein Verstehenskonzept von vornherein eingeebnet

Allerdings kann auch nicht übersehen werden, dass es immer wieder vorkommt, dass das gedankliche Konzept, mit dem ein Text zunächst einmal verstanden wird, auch verhindern kann, dass implizite Transfersignale, die der Text enthält, überhaupt noch erkannt werden können.

 Die Brille des eigenen Textverstehens lässt dann semantische "Ungereimtheiten" nicht mehr durch. Was eigentlich als "Stolperstein" gedacht war, wird "eingeebnet" und vordergründig "geglättet".

Anders ausgedrückt: Diese Textstellen werden dann einfach assimlierend in vorhandene Wissensschemata (z. B. Alltagswissen, allgemeines Weltwissen,▪ Handlungsschemata, ▪ emotionale Schemata etc.) "eingelesen", ohne dass sich das Textverstehen durch ▪ Anpassung des Schemas selbst weiterentwickelt.

Diese Einsicht ist vor allem auch literaturdidaktisch von großer Bedeutung. Ob man man nämlich Textstellen erkennen kann, die markieren, dass bestimmte moderne Parabeln als Ganzes oder zumindest in Teilen über das unmittelbar Dargebotene (Sachhälfte) auf eine andere Bedeutung verweisen, lässt sich nicht einfach dadurch "erzwingen", dass man mit herkömmlichen allgemeinen ▪ Strukturschemata als ▪ Organisationsstrategien beim Lesen an den Text herangeht.

Interpretationsaufgaben für Parabeln transparent gestalten

Es macht aus allen diesen Überlegungen heraus auch nicht viel Sinn, bei schulischen Aufgaben zur Interpretation von Parabeln, ein Mysterium um die Textsorte aufzubauen, den Schülerinnen und Schüler also immer wieder aufzubürden, den Parabelcharakter eines Textes plausibel nachzuweisen.

Genau so wenig macht es auch bei bei Leistungsaufgaben keinen Sinn, Schülerinnen mit Schülern eben einfach mal so mit einer ▪ Parabel von Franz Kafka, ▪ Robert Musil oder anderen Autoren zu konfrontieren.

Wenn ein Text also besonders hermetisch daherkommt, was natürlich eine subjektive Sicht ist, ist es doch allesamt besser, in der Schreibaufgabe die Textsorte schon zu benennen, um den Fokus auf die eigentlichen Interpretationsleistungen zu legen.

Parabelinterpretationen in der Schule nicht zur Abgrenzungsaufgaben machen

Insbesondere sollten Abgrenzungen der Parabel gegenüber ihren möglichen Verwandten keinen so hohen Stellenwert haben.

Natürlich lassen sich moderne Parabeln von Mischformen und Besonderheiten abgesehen (z.B. ▪ Franz Kafkas, ▪ Kleine Fabel, oder auch ▪ Robert Musils Das Fliegenpapier oder ▪ Die Affeninsel ) durchaus von traditionellen Parabeln und der modernen Kurzgeschichte abgrenzen.

Dabei muss man sich allerdings auch stets bewusst sein, dass gerade in der modernen Literatur eine große Vielfalt bei beiden literarischen Textsorten existiert: Es gibt wohl ebenso wenig die Parabel auch nicht die Kurzgeschichte.

Am besten bezieht man sich bei einer konkreten Abgrenzung auf ein bestimmten Prototypen, der die ihm zugeschriebenen Eigenschaften am besten verkörpert. Aber einen solchen Prototypen müssen die Schülerinnen und Schüler natürlich auch kennengelernt und analysiert haben

All dies gilt insbesondere für die schulische Interpretation einer Parabel, wenn sie mit Aufgaben zur Bestimmung der Textsorte verbunden sind.

Hier sollte es nicht darauf ankommen, das ein oder andere Textsortenmerkmal "herunterzubeten", sondern gemeinsame oder unterschiedliche Texteigenschaften im Vergleich mit anderen vergleichbaren Texten, die im Literaturunterricht behandelt worden sind, herauszuarbeiten.

So könnte also statt die Aufgabe zu stellen "Bestimmen Sie die Textsorte" eine Aufgabe folgendermaßen formuliert sein: "Zeigen Sie, wodurch sich der Ihnen vorliegende Text von anderen Ihnen bekannten Texten epischer Kurzprosa unterscheidet."

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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 28.10.2020

   
     
 

 
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