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Die Raumgestaltung im epischen Werk hat keine topographische Bedeutung. Es
ist sinnlos, Ereignisse der dichterischen Welt geographisch festlegen zu
wollen. Wenn der Dichter wirklich Ort und Gegenden nennt, so sollen diese
in und aus dem Gesamtcharakter sofort eine Atmosphäre schaffen: Nordsee,
Hochalpe, Großstadt, Tropen, Mittelmeerraum usw. Denn im echten epischen
Kunstwerk sind die Raumschilderungen nicht Schmuck oder Schablone, sondern
sie bilden die Sphäre und Atmosphäre, in der die Personen leben und sich
der Vorgang abspielt. Beim Blick auf die möglichen Räume - Innenräume,
Haus, Siedlungen, Landschaften - ist die entscheidende künstlerische
Frage: welche Arten dieser Räume herrschen vor und wie viele? Es macht
einen Unterschied, ob ein Vorgang sich nur in Innenräumen oder nur im
Wald oder in verschiedenen Räumen abspielt. Dabei ist die Stimmung
entscheidend, die vom Raum ausgeht; sie kann einheitlich oder polar sein,
es kann ein reiches Stimmungsgefüge oder Eintönigkeit entstehen. Bei der künstlerischen Gestaltung des Raumes ist verschiedenes zu beachten. Im Aufbau des einzelnen Raumes können entweder alle Einzelheiten so klar dargestellt und geordnet sein, dass ein plastisches Bild entsteht. Oder der Raum verschwimmt, es fehlt das Gerüst, es ist alles mehr angedeutet, wirkt aber dadurch stimmungsvoller (…). Der Raum ist nicht ein bloß notwendiger Rahmen und Schmuck, sondern deutet in seiner Art Tieferes an: er ist Symbol. (aus: Herbert Seidler, Das epische Werk, 1965, S.485f.) |
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Arbeitsanregungen:
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