▪ Surfbrett: Erzähler
Üblicherweise
werden bei der Erzähltextanalyse die Darstellungsebene (das ▪
Wie der Erzählung) und die Ebene des Dargestellten
(das ▪ Was der Erzählung) unterschieden, die
in allen Erzählungen
vorkommen (vgl.
Fludernik 2006,
S.34).
Zum Was der Erzählung gehören auch die Figuren, mithin auch die
Art und Weise, wie sie in einem Erzähltext charakterisiert werden.
Eine der wichtigsten Aspekte der
▪
Figurengestaltung
in ▪ erzählenden Texten
ist, mit welchen Eigenheiten und Eigenschaften eine Figur ausgestattet
ist.
Dabei geht es bei der ▪
Figurencharakterisierung um
mehr als ausdrückliche Charaktereigenschaften im strengen Sinne, sondern
um sämtliche Merkmale, die eine Figur zu der machen, die sie im Rahmen
eines Erzähltextes darstellt.
Der Begriff des Charakters
Der Begriff Charakter ist daher
weiter gefasst als das, was man üblicherweise unter Charaktereigenschaften
versteht. Er steht für das Gefüge ererbter oder erworbener Eigenschaften
und Verhaltensweisen, die eine Person als ein von anderen unterschiedliches Individuum
erscheinen lassen. In der Alltagssprache spricht man dabei häufig auch von
der Persönlichkeit eines Menschen.
Lange war auch die Charakterologie
ein anerkanntes Teilgebiet der Psychologie. Dabei ging man davon aus, dass
jedes Individuum eine in seinem Wesen verankerte unveränderliche Eigenart
besitzt, das seinen Charakter ausmacht.
Heutzutage sind solche
Überlegungen überholt, auch wenn die Frage nach der Einzigartigkeit der
Persönlichkeit und ihrer charakteristischen Verhaltensmuster die ▪
Persönlichkeitspsychologie noch immer beschäftigt. (vgl.
Zimbardo/Gerrig 2004,
S.601ff.)
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Typus und Charakter als literaturwissenschaftliche Termini
In der Literaturwissenschaft wird der Begriff
Charakter in Abgrenzung vom Begriff des Typus verwendet. Die Gestaltung
einer Figur in einem erzählenden kann einen Charakter oder einen Typus
hervorbringen.
Charakter |
Typus |
Individualisierte Figur in
einem epischen oder dramatischen Text
-
weist eine Vielzahl von
Merkmalen in physischer, psychischer und sozialer Hinsicht auf
-
Merkmale können auch
widersprüchlich sein
Beispiele:
▪
Maria Stuart,
▪
Konsul Buddenbrook,
▪
Nathan der Weise
|
Nicht-individualisierte Figur
in einem narrativen oder dramatischen Text
-
gr. typos = Abbild,
Muster, Schlag
-
weist nur die Merkmale
auf, die ihn einer bestimmten Gruppe zugehörig erscheinen lassen
Beispiele: Der
Geizige, der Gelehrte, der Schürzenjäger, der Morgenmuffel
|
Techniken und Ebenen bei der Figurencharakterisierung in einem
erzählenden Text
Zur ▪ Figurencharakterisierung
kommen in erzählenden Texten zwei verschiedene ▪
Techniken
in Frage, die wiederum zwei verschiedenen ▪
Ebenen zugeordnet
werden können.
Direktes und indirektes Charakterisieren in der Literatur- und
Schreibdidaktik
Der systematisch-analytische Zugang über Techniken und Ebenen muss
sich im schulischen Literatur- und Schreibunterricht noch immer gegen
die vordergründig griffige Unterscheidung von ▪
direktem und indirektem
Charakterisieren behaupten. Auf diese Dichotomie wird vor allem im
Zusammenhang mit Schreibaufgaben zur ▪
literarischen Charakteristik
als
▪
schulische Schreibform oder bei der
▪
Textinterpretation zurückgegriffen.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
23.06.2024
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