Der ▪
abstrakte Autor (implizierte Autor) mit seiner
anthromomorphisierenden
Bezeichnung stellt, auch wenn er stets Bestandteil der Modelle der
epischen
(narrativen)
Kommunikation ist, eigentlich keine Senderinstanz im Modell literarischer
Kommunikation dar.
Er ist mit keiner "Stimme" im
Text ausgestattet und infolgedessen kann, "ihm kein einzelnes Wort im
Erzähltext" zugeschrieben werden kann
Schmid (2005,
S.61). Letzten Endes ist er nur eine Vorstellung, die sich ein Leser
anhand von unterschiedlichen Anzeichen (Symptomen)
über die verschiedenen schöpferischen Akte (Erfinden einer aus
Situationen, Handlungen, Personen bestehenden Geschichte und deren
Konkretisierung in einer Erzählung usw.) macht. Beim Lesen wird er vom
Leser als "eine Zuschreibungsinstanz für die Konzeption und Bedeutung
eines Textes (inklusive seines Normensystems)" (Hoffmann/Langer
2007, S.134) rekonstruiert.
Der abstrakte Autor
existiert zwar eindeutig in einem erzählenden Text, ist aber "nur
implizit, virtuell, angezeigt durch die Spuren, die die schöpferischen
Akte im Werk hinterlassen haben" zu erfassen und "bedarf der
Konkretisation durch den Leser" (ebd.,
S.62), die jedem Leseakt mit dem Ergebnis eines jeweils anderen
abstrakten Autors zugrundeliegt. (ebd.,
S.63)
Aus diesen und anderen Gründen stellt der abstrakte Autor also als
werkimmanenter Repräsentant des realen Autors auch keine Kommunikations-
bzw. Senderinstanz
darstellen. (vgl.
Schmid 2005,
S.64) Er ist lediglich ein "vom Leser aus dem Text
abgeleitetes Konstrukt" (Hoffmann/Langer
2007, S.135) oder anders ausgedrückt: "Der abstrakte Autor ist ein
Konstrukt des Lesers auf der Grundlage seiner Lektüre des Textes." (Schmid
2005, S.62)
Dessen ungeachtet wird
der abstrakte Autor dennoch in das Kommunikationsmodell eingefügt, weil
man mit seiner Hilfe verdeutlichen kann, dass auch ein noch so
allwissend und allmächtig daherkommender Erzähler, dessen Text und seine
Bedeutungen auf Textebene gestaltet sind. (ebd.,
S.64) Darin erschöpft sich aber wohl auch der heuristische Wert des
Konzepts im Bereich der Literaturdidaktik und des Literaturunterrichts
in der Schule, zumal es auch jenseits davon aller theoretischer
Bemühungen zum Trotz nur vergleichsweise selten Eingang in die
Interpretationspraxis gefunden hat. (vgl. Hoffmann/Langer
2007, S.136)
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Den abstrakten bzw. impliziten Autor hat auch Jörg
Schönert
(1999, S.283ff.) in seinem Drei-Ebenen-Modell des epischen Textes
auf der Ebene der Textorganisation verortet, zu der letzten Endes "alle
Eigenschaften eines gehören, die nicht dem Erzähler zuzurechnen sind
[...]: u. a. die Anlage des Erzählers, die Kontrast- und
Korrespondenzbeziehungen zwischen Erzähler und Figuren sowie die Auswahl
und Anordnung von Textelementen." (Hoffmann/Langer
2007, S.135)