Der Begriff
»"Regietheater" ist ein Begriff aus der Theaterkritik und
ist aus verschiedenen Gründen kaum als Gattungsbegriff für eine
Strömung der Theaterregie zu gebrauchen, für die es natürlich
kein verbindliches Konzept gibt. Als Schlagwort ist Regietheater
"zum Inbegriff für das verkommen [...], was jedermann schlecht
findet". (Dombois/Klein
2005), steht für "Inszenierungsquatsch" (Spahn
2006) schlechthin.
Anders, und weniger wertend,
definiert: "Eine Inszenierung wird als
Regietheater-Inszenierung bezeichnet, wenn nach Meinung des
Rezensenten die Ideen des Regisseurs einen zu großen Einfluss
(verglichen mit den Ideen des Autors, der Darsteller oder im
Musiktheater des Komponisten, der Sänger bzw. des Dirigenten)
auf die Darbietung haben." (http://de.wikipedia.org/wiki/Regietheater,
6.9.08)
Im Bereich des Sprechtheaters sind es insbesondere
Klassikerinszenierungen,
gewesen, die den seit den 68er-Jahren deutlich an Einfluss
gewinnenden Regisseuren Gelegenheit gegeben haben, sich
gegenüber dem als möglichen Konkurrenten auftretenden
Stückeschreibern neuer Stücke zu profilieren.
Sie haben nach Ansicht von
Ute Nyssen (2006) zu der über 30 Jahre lang zu beobachtenden
"verächtliche[n] Hintanstellung des Textes" und zu einer
"Veränderungswut gegenüber dem Text" geführt, die schließlich in
eine mehr oder weniger eindeutige
Klassikerdekonstruktion
gemündet hätten.
Für Kritiker ein gefundenes Fressen: Als "selbstgeschnitzte
Blödmannszenen", "Punk- und
Rockzeug", "Brüll!
Kreisch! Donner! Schepper!" (Lottman
2006) bezeichnen sie das Ergebnis und machen sie zugleich
für den Publikumsschwund in deutschen Theatern verantwortlich.
Und das Bemühen um eine an politisch-gesellschaftlichen
Tagesthemen orientierte Inszenierung geht im Vorwurf eines
überzogenen "Gleichheitszeichentheaters"
unter, das Klassiker mit Vorliebe "nach dem Motto Faust = Gerd
Schröder, Macbeth = Angela Merkel als Mann, Wallenstein = Boris
Becker, gespielt von einem transsexuellen Zwillingspärchen"
umfunktioniere (ebd.)
Auf der anderen Seite sehen sich die so wegen ihrer
"Obsessionen " gescholtenen Regisseure als Opfer eines
fundamentalen Missverständnisses, denn "Inszenieren ist immer
ein Akt schierer Willkür [....] Jeder Regisseur tut dem Text,
den er interpretiert, Gewalt an." (Höbel
2006)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
19.12.2023