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Baustein: Schlegels "Das
Sonett" aus einem Textpuzzle rekonstruieren
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Sonett
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Überblick
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Grundtypen
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Textauswahl
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Bausteine
August Wilhelm Schlegel (1767-1845)
machte sich vor allem als Literaturhistoriker und
Übersetzer einen Namen. Ihm vor allem ist es zu danken, dass die
Anhänger der romantischen Bewegung, aber auch »Johann Wolfgang von
Goethe (1749-1832), mit dem er lange Kontakt hatte und in einem regen Austausch
stand, "mit den großen Dichtern der »historischen Romantik« an der
Schwelle vom Mittelalter zum Barock bekannt" gemacht wurden, "indem
er aus der einmaligen Kombination von Studium, Übersetzung,
kritischer Reflexion und historischer Darlegung eine
Gesamtwürdigung" u. a. von Werken William Shakespeares und Calderón
de la Barcas lieferte." (Harenbergs Lexikon der Weltliteratur, 1989,
Bd. 5, S.2594). Reisebegleiter und lit. Berater der »Madame
de Staël (1766-1817)).
Als Dichter stand er eher im Schatten seines Bruders »Friedrich
Schlegel (1772-1829) und blieb wohl eher unbedeutend. Von »Gottfried
August Bürger (1747-1794) lernte er, wie man Sonette
schrieb. Dessen "konstruierte, kalkulierte und artifizielle
'Natürlichkeit' und Popularität, [...] galt ihm wie auch so manchen
Romantikern als erstrebenswert: Volkstümlichkeit aus höchster
intellektueller Anstrengung heraus." (Strobel
2017, S.27) Auch als Übersetzer von Sonetten des italienischen
Renaissancedichters
»Francesco Petrarca
(1304-1374) u. a. machte er sich mit seiner Übersetzungsanthologie
»Blumensträuße italienischer, spanischer und portugiesischer Poesie«
(1804) einen Namen.
A. W. Schlegel stilisierte in der
deutschen Romantik (1790-1835) das Sonett zur idealen lyrischen Form,
indem er die formale Gliederung des Sonetts in Quartette und Terzette
dialektisch ausdeutete. (vgl.
Borgstedt
2007a, S.448) Das literarische Werk von August Schlegel selbst, der
neben Gedichten sich auch an Dramen versuchte, die aber selbst im
Weimarer Hoftheater unter Leitung Goethes durchfielen, wird heute
als eher unbedeutend eingeschätzt.
August Wilhelm Schlegel (1767-1845)
Das Sonett
Zwei Reime heiß' ich viermal kehren wieder
Und stelle sie, geteilt, in gleiche Reihen,
Dass hier und dort zwei, eingefasst von zweien,
Im Doppelchore schweben auf und nieder.
Dann schlingt des Gleichlauts Kette durch zwei Glieder
Sich freier wechselnd, jegliches von dreien.
In solcher Ordnung, solcher Zahl gedeihen
Die zartesten und stolzesten der Lieder.
Den werd ich nie mit meinen Zeilen kränzen,
Dem eitle Spielerei mein Wesen dünkt
Und Eigensinn die künstlichen Gesetze.
Doch wenn in mir geheimer Zauber winkt,
Dem leih' ich Hoheit, Füll' in engen Grenzen
Und reines Ebenmaß der Gegensätze.