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August Wilhelm Schlegel (1767-1845) - Biografie

Heirat von Caroline Böhmer und August Wilhelm Schlegel

Vernunft-, Zweck- und Freundschaftsehe im Umfeld der Jenaer Frühromantik


FAChbereich Deutsch
Glossar Literatur Autorinnen und Autoren August Wilhelm Schlegel (1767-1845) [ Biografie Überblick Kurzbiographie: August Wilhelm Schlegel Zeittafel Kindheit und Jugend August Wilhelm Schlegels in Hannover 1767-1786 Studienzeit August Wilhelm Schlegels in Göttingen 1786-1791 August Wilhelm Schlegel als Hauslehrer in Amsterdam 1791-1795 Heirat von August Wilhelm Schlegel und Caroline Böhmer und die Jenaer Lebensgemeinschaft der Frühromantiker 1796-1799 August Wilhelm Schelling und Madame de Sta
ël 1802-1817 ▪ August Wilhelm Schlegels Professorenjahre in Bonn 1817-1844) ] ▪ Lyrische Texte Goethe Bausteine ...   Schreibformen Operatoren im Fach Deutsch
 

Caroline hatte ihren zehn Jahre älteren ersten Ehemann, den Berg- und Stadtmedicus Johann Franz Wilhelm Böhmer (1754-1788), einen ehemaligen Nachbarsohn aus Göttingen, mit dem sie seit 1784 verheiratet gewesen war, nach nicht einmal vier Jahren Ehe verloren (gest. 4.2.1788) - wahrscheinlich erlag einer einer Fleckfiebererkrankung.

Sie war mit 24 Jahren Witwe, hatte zwei Kinder und war mit dem dritten schwanger, als sie von Clausthal, wo sie die Ehejahre mit Wilhelm Böhmer verbracht hatte, nach Göttingen, in ihre Heimatstadt ins elterliche Haus zurückkehrte,

Caroline wurde zugetragen, dass sich August Wilhelm Schlegel, zu dieser Zeit noch Student, für sie interessierte. Da es ihr aber in dieser Zeit wegen der dauernden Quereleien mit ihrer Mutter vor allem darum ging, wieder aus dem Elternhaus wegzukommen und mit ihrer Tochter in finanziell gesicherten Verhältnissen zu leben, zeigte an den ihr zugetragenen Avancen Schlegels kein Interesse. Dennoch: Der so Abgewiesene scheint dies recht gut verarbeitet zu haben und zeigte bei seinem weiteren Werben um Caroline eine erstaunliche Ausdauer.

Stattdessen hatte sie ihr Herz dem vom englischen König mäßig besoldeten Legationssekretär »Georg Ernst Tatter (1757-1805) zugewendet, der im Vergleich zur "ewig Vernünftigen, Mäßigende(n)" Caroline, "die für alle Verantwortung mit übernahm" (Appel 2013, S.58) ein eher unentschlossener, verzagter und fast ängstlicher Typ war (vgl. ebd., S.59). So wundert es am Ende nicht, dass er vor einer Hochzeit mit ihr zurückschreckte. Zudem erkannte wohl auch Caroline, dass Tatter als Hofmeister, in einem Beruf, der in heute hierhin morgen dorthin führen würde, dazu "mit vagen Aussichten und ohne annähernd festen Ausgangspunkt oder ein planbares Einkommen" (ebd., S.66) ihre Familie nicht hätte ernähren können. Bevor die Beziehung auseinanderging und Caroline vielleicht in einer Art "Flucht nach vorn" (ebd.)mit ihren beiden Töchtern zu ihrem Bruder nach Marburg zog, hatte Tatter noch die Geburt und den frühzeitigen Tod des kleinen Wilhelm miterlebt, dem Caroline im Juli gerade erst das Leben geschenkt hatte.

Auch »Friedrich Ludwig Wilhelm Meyer (1759-1840), der seit 1776 in Göttingen lebte, hatte den jungen Göttinger »Universitätsmamsellen, den gebildeten Töchtern angesehener Göttinger Professoren, früher schon einer nach der anderen, darunter auch den Schwestern Carolines das Herz gebrochen, konnte sich aber sein Lebtag nicht zu einem Heiratsantrag aufraffen. f

Dabei war für Caroline, die auch von August Wilhelms Bruder Friedrich umworben worden war, die "Freundschaftsehe mit Schlegel [...] wohl auch so etwas wie Selbstschutz" (Appel 2013, S.132).

Es war ein Arrangement, das in in den Vorstellungen dieser Zeit ihre bürgerliche "Ehre" wiederherstellte. Nach dem Tode ihres Ehemanns war sie mit ihrer Tochter Auguste in das revolutionäre Main gezogen. Während der kurzen Zeit der ▪ Mainzer Republik (Oktober 1792-Juli 1793) hatte sie eine Affäre mit dem 19-jährigen französischen Leutnant Jean-Baptiste des Crancé, von dem sie schwanger wurde und kam dadurch sowohl gesellschaftlich wie auch finanziell nach dem Ende der ersten Republik auf deutschem Boden in eine äußerst schwierige Lage. Überall wo sie sich als unehelich schwangere Frau auch hinbegab, wurde sie von der bürgerlichen Gesellschaft geschnitten und verachtet. Um überhaupt wieder Fuß fassen zu können, gab sie ihren kleinen Sohn, das "Franzosenkind" nach seiner Geburt Pflegeeltern, bei denen der Kleine aber schon bald verstarb.

Die Ehe mit Schlegel jedenfalls eröffnete ihr wieder einen gewissen bürgerlich-gesellschaftlichen Rahmen, den sie nach ihrer Mainzer Zeit als unehelich Schwangere von der bürgerlichen Gesellschaft geschnitten und verachtet, lange hatte leidvoll vermissen müssen. Sieht man von bestimmten Leuten, die ihr die Sympathien für die deutschen Jakobiner weiter nachtrugen, und ▪ Intimfeinden wie den Schillers ab, fand sie jedenfalls an der Seite ihres neuen Ehemanns wieder Luft zum Atmen. Und dieser fand in der gebildeten Frau an seiner Seite, die "kongeniale Koautorin" (Roßbeck 2009, S.128), die er für seine werknahe Shakespeare-Übersetzung unbedingt brauchte.

Die Ehe mit Schlegel war von wechselseitiger Toleranz und dem Gewähren von Freiheiten gekennzeichnet, was aber nicht verhindern konnte, dass sie sechs Jahre später schon wieder geschieden wurde. August Wilhelm "liebelte seit Beginn seiner Ehe anderweitig herum", schwärmte für schöne Berliner Schauspielerinnen wie »Friederike Unzelmann (1760-1815) und verliebte sich 1799 in "eine andere Schöne der Berliner Gesellschaft, die geschiedene Elisa de Nuys".(ebd., S.215) Die 29-jährige frisch geschiedene Bremerin hatte es Schlegel so angetan, dass er ihr in einem Brief von den "Süßigkeiten eines Umgangs in wenigen Tagen" schwärmt. (zit. n. Kleßmann 1975, S.197). Caroline jedenfalls scheint diese Affäre ihres Mannes näher als seine sonstigen "Bettschätze" (ebd.) gegangen zu sein.

So hatte August Wilhelm auch kein wirkliches Problem damit, als sich eine Beziehung zwischen Caroline und dem neuen 23-jährigen und damit, zwölf Jahre jüngeren "Superstar" der Jenaer Universität, »Friedrich Wilhelm Joseph Schelling (1775-1854), entwickelte, der 1798 auf Vermittlung Goethes als außerordentlicher Professor in Jena mit seiner Lehrtätigkeit begonnen hatte und seitdem eigentlich ständig bei den Schlegels zu Gast war.

So war es auch nicht weiter verwunderlich, dass die Ehe der "beiden Ehefreunde" (Appel 2013, S.241) Caroline und August Schlegel mit Unterstützung Goethes, der sich beim Herzog von Sachsen-Weimar dafür einsetzte, schon nach sechs Jahren im Jahr 1803 wieder geschieden und Caroline im gleichen Jahr Schelling heiratete.

In dem von allen Schlegels bewohnten Haus in der Jenaer Leutragasse  gaben sich alle, die zum Kreis der Romantiker zählten, die Klinke in die Hand. »Novalis (1772-1801) (= Georg Philipp Friedrich von Hardenberg), »Ludwig Tieck (1773-1835), »Wilhelm Heinrich Wackenroder (1773-1798), »August Wilhelm Schlegel (1767-1845) und »Friedrich Schlegel (1772-1829) sowie die Philosophen »Friedrich Schleiermacher (1768-1834), »Johann Gottlieb Fichte (1762-1814), »Friedrich Wilhelm Joseph Schelling (1775-1854) und der Naturphilosoph »Johann Wilhelm Ritter (1776-1810) waren dort regelmäßig zu Besuch, täglich kamen bis zu 18 Mittagsgäste, um miteinander gesellig zu "»Symphilosophieren« [...] um zu reden, zu scherzen und zu streiten, einheimische und auswärtige Gäste kamen hinzu." (ebd., S.54) An den Abenden trugen sich die Anwesenden eigene und fremde Werke vor, man fachsimpelte über die Calderón- und Shakespeare Übersetzungen August Wilhelms, sprach über dies und jenes, was literarische gerade angesagt war, auch allerlei Jenaer Klatsch kam dabei wohl zur Sprache, beschäftigte sich aber auch ausgiebig mit den Gegnern der eigenen Überzeugungen.

Schon Ende des Jahres 1799 neigte sich die Zeit der Jenaer Frühromantik mit ihrer typischen Gruppenbildung dem Ende zu und ihre wichtigsten Vertreter verließen die Stadt. Friedrich Schlegel pendelte ab dem Jahresende zwischen Berlin und Jena hin und her, ehe er 1802 nach Paris zog. Und sein älterer Bruder August Wilhelm verlegte seinen Wohnsitz nach seiner Entfremdung von seiner Frau Caroline nach Berlin, wo er  - Berlin hatte zu diesem Zeitpunkt noch keine Universität – von 1801 bis 1804 öffentliche Vorlesungen - es waren sogar Frauen zugelassen! – vor einem nichtakademischen, bildungswilligen und zugleich zahlungskräftigen Hörerkreis hielt, das sich für neues Wissen und aktuelle Themen interessierte.

Gert Egle. zuletzt bearbeitet am: 30.12.2021

 
 

 
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