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Schlink, Der Vorleser : Adoleszenz

Die Bedeutung der Adoleszenz für die Romanhandlung

 

  Die Probleme der  Adoleszenz haben unter vier Gesichtspunkten eine besondere Bedeutung für Bernhard Schlinks Roman »Der Vorleser«.
  • Adoleszenztypische Identitätsentwicklung auf dem Hintergrund der NS-Vergangenheit

Als Lebensphase besitzt die Adoleszenz eine herausragende Rolle, weil sich in ihr der komplizierte Prozess der Identitätsentwicklung des Menschen abspielt. Und um die Identitätsbildung von Michael Berg geht es vornehmlich im Roman. Dabei findet dieser Prozess auf dem Hintergrund der Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit statt, wobei die "Störung der Identitätsentwicklung" Michael Bergs "adoleszenzspezifisch mit der Ausbildung sexueller Identität verknüpft (wird)" (Köster 2000, S. 49)

  • Adoleszenz und wechselseitige Abhängigkeit der NS-Tätergeneration und der Nachgeborenen

In der Adoleszenz wird die "wechselseitige Abhängigkeit zwischen den Generationen" besonders deutlich. Sie besteht unter anderem darin, dass die ältere Generation den Heranwachsenden "einen geographisch-geschichtlichen Rahmen" (ebd., S.48) für seine Identitätsentwicklung bieten muss, in den z. B. ein bestimmtes Werte- und Normensystem eingehen, aber auch alle jene Angebote der Gesellschaft, "die die Integration von Vergangenheit und Zukunft betreffen", mit dem Ziel, "den Heranwachsenden Kontinuität zu ermöglichen". (ebd., S.48). Daher thematisiert der Roman diese wechselseitige Abhängigkeit unter den besonderen Bedingungen "des spezifischen Verhältnisses zwischen der Tätergeneration und den Nachgeborenen." (ebd. S.49)

  • Aufgaben der Gesellschaft in der Phase der Adoleszenz

Gerade in der Phase der Adoleszenz ist es Aufgabe der Gesellschaft für solche Angebote zu sorgen, die dem Heranwachsenden ermöglichen sich zwischen geschichtlicher Vergangenheit und Gegenwart zu verorten und für die Zukunft Orientierung zu gewinnen. (vgl. ebd.)

  • Offenheit für "imaginäre Aktivitäten" während der Adoleszenz

Adoleszenz ist aber auch eine Phase, die noch für vieles offen ist, das nicht unmittelbar von der Gesellschaft vorgegeben wird. Es bleibt gerade in dieser Zeit, in der die Psyche des Menschen noch keine so festen Strukturen angenommen hat, auch Raum für "imaginäre Aktivitäten". (vgl. ebd.)

 

 
     
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