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Johann Buddenbrook, der Jüngere, Konsul (ca. 1800-1855)

Interpretationsansätze


In der literaturwissenschaftlichen Sekundärliteratur zu  Thomas Manns Roman »Buddenbrooks« finden sich verschiedene Urteile und Interpretationsansätze zur Figur Johann (Jean) Buddenbrook, dem Konsul. Eine kleine Auswahl von Äußerungen:

Ernst Keller, 1988:

"Um die Familientradition fortzusetzen, orientiert er sich weniger an der Gegenwart und ihren Möglichkeiten als an den Prinzipien der Vergangenheit. Auch gegen die erfolgreiche Konkurrenz gedenkt er an dem Leitspruch der Buddenbrooks festzuhalten nur solche Geschäfte zu machen, dass er nachts ruhig schlafen kann." (Keller 1988, S.175)

Jochen Vogt, 1995: 
Über die Inschrift an der Giebelfassade des Hauses in der Mengstraße "Dominus providebit":

"Diese Losung reiht sich den bereits erwähnten Vorausdeutungen bruchlos an; ihrem Wortlaut nach - 'Der Herr wird vorsorgen' - ist sie Ausdruck ungebrochenen religiösen Vertrauens, das die menschliche Zukunft im göttlichen Heilsplan verbürgt weiß. Man kann sie daher auch anders übersetzen und damit ambivalenter lesen: 'Der Herr wird voraussehen' - was sieht er in der Zukunft, die den Menschen noch verborgen ist?" (Vogt 1995, S.24f.)

Jochen Vogt, 1995:

"'Zwischen' diesen beiden Kontrahenten, die ihre jeweiligen Interessen mit Entschiedenheit vertreten, steht der Konsul. Die Forderung Gottholds [...] trifft bei ihm genau den Widerspruch von christlicher Ethik und geschäftsmäßiger Kalkulation [...]. Aber scharf kontrastiert diesen moralischen Erwägungen die ökonomische Kalkulation, die der Konsul gleich anschließt [...] und diese Rechnung gibt den Ausschlag für seine eindeutige Entscheidung". (Vogt 1995, S.25)

Fred Müller, 1998:

"Die Frömmigkeit, die der Konsul zeigt, ist geprägt vom Puritanismus bzw. Pietismus. Dies zeigt sich etwa in der rigorosen Forderung nach der Unterordnung des Individuums unter allgemeine Pflichten [...], der Abneigung gegen das Theater [...], der starken Beschränkung auf das Familienleben, der Betonung der Sparsamkeit und der Arbeit, aber auch in der Hochschätzung der äußeren Form, der zur Schau getragenen Wohlanständigkeit. " (Fred Müller 1998, S.29)

Jochen Vogt, 1995:

"Sein Glaube lenkt und leitet geradezu sein geschäftliches Gebaren, verbürgt ihm zumindest subjektiv den Sinn und Wert des Erwerbsstrebens und Fleißes - ein Sinn, der seinem Sohn Thomas zunehmend verlorengeht und den er nur durch 'Haltung' wird ersetzen können. In Johann Buddenbrooks Frömmigkeit übersetzt sich die ökonomische Zweckmäßigkeit sozusagen in eine moralische Maxime, der zu folgen er sich und den Seinen zur Pflicht macht. [...] Die Fundierung einer neuartigen und spezifisch bürgerlichen Arbeitsmoral und Lebensführung auf religiöse Maximen, wie sie in solchen Äußerungen und im ganzen Verhalten des Konsuls zum Ausdruck kommt, hat im Jahre 1905 [...] der Soziologe Max Weber als 'protestantische Ethik' beschrieben [...] Profit und Reichtum - die ja in durchaus problematischer Spannung zu den biblischen und urchristlichen Geboten der Armut und Nächstenliebe stehen - werden so definiert, dass sie geradezu gottgefällig, als Ausweis christlichen Verhaltens und göttlicher Gnade erscheinen. [Produktive Berufsarbeit, Fleiß, Zeitökonomie und Sparsamkeit sind ihre zentralen Forderungen [...]. Zugespitzt könnte man formulieren, dass die protestantische Ethik die ökonomisch notwendigen Praktiken des Kapitalismus dem frommen Kaufmann oder Unternehmer als Christenpflichten subjektiv annehmbar und verbindlich macht, sie moralisch legitimiert - und ihn damit zugleich für die kapitalistische Praxis motiviert." (Vogt 1995, S.40f.)
  


   Arbeitsanregungen:
  1. Suchen Sie im Text Belegstellen für die dargestellten Interpretationsansätze.
  2. Nehmen Sie zu den dargestellten Interpretationsansätzen Stellung.

  

     
  Johann, sen. ] Antoinette ] Gotthold ] Johann, Konsul ] Elisabeth, Konsulin ]  
 


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