teachSam- Arbeitsbereiche:
Arbeitstechniken - Deutsch - Geschichte - Politik - Pädagogik - PsychologieMedien - Methodik und Didaktik - Projekte - So navigiert man auf teachSam - So sucht man auf teachSam - teachSam braucht Werbung


deu.jpg (1524 Byte)

 

Bausteine zu: G. E. Lessing - Parabeln

Vergleich

»Eine Parabel« vs. »Ringparabel«

 
FAChbereich Deutsch
Center-Map Glossar Literatur Autorinnen und Autoren  Gotthold Ephraim Lessing Fabeln [ ParabelnÜberblickTextauswahl Bausteine ] Nathan der Weise Schreibformen
Rhetorik Operatoren im Fach Deutsch
 

Strukturen erzählender Texte

Der Kontext: Die poetische Eröffnung des Fragmentenstreits durch Lessing

▪ "Eine Parabel" ist der Text, mit dem ▪ Lessing (1729-1781) seine Polemik gegen Hamburger Hauptpastor »Johann Melchior Goeze (1717-1787), den so genannten Fragmentenstreit, eröffnete, in dem es ihm u. a. in der Auseinandersetzung mit der lutherischen Orthodoxie darum ging, die Religion von und ihrer von Menschen geschriebenen Überlieferung zu entkoppeln, um die Überlieferung bzw. bestimmte Elemente davon (z. B. den Glauben an Wunder) der Kritik mit den Mitteln der Vernunft zugänglich zu machen. Die "Parabel" kann dabei als "die poetischste von Lessings Äußerungen im Fragmentenstreit" angesehen werden. (Fick 2010, S. 412)

Die "Parabel" lehrt dabei, "dass praktische Sittlichkeit wichtiger sei als theologische Dispute." (Nisbet 2008 , S.725) Dabei "(wird) das geschichtlich gewachsene Christentum (...) mit einem Palast verglichen, an dem Jahrhunderte lang gebaut wurde. Die Analogie zwischen »Gedankengebäude, Lehrgebäude« und realer Architektur wird im 18. Jahrhundert oft gezogen". (Fick 2010, S. 412)

"Eine Parabel" und die "Ringparabel" Lessings im Vergleich

Die beiden Texte Gotthold Ephraim ▪ Lessings (1729-1781) "Die Parabel" und die "▪ Ringparabel" in seinem Drama ▪ Nathan der Weise (1779), bei der Nathan als Erzähler und Aufklärer des "unwissenden" Sultans Saladin agiert, stellt die Grundlage für den nachfolgenden Vergleich dar:

  • Die Ringparabel setzt mit der Existenz dreier Ringe voraus, dass es grundlegende Unterschiede zwischen den Religionen gibt. Zugleich verwehrt sie dabei eine Betrachtung, die sich zur Erklärung der Unterschiede auf historisch-kulturelle Wurzeln beruft.

  • In der "Parabel" verbindet sich die Vorstellung der Einheit, im Text repräsentiert durch die Problemstellung ihres Beginns "Ein weiser, tätiger König eines großen, großen Reiches hatte in seiner Hauptstadt einen Palast von ganz unermesslichem Umfange" mit dem Eindruck von Vielfalt, der in vielfältigen  Grundrisse, der zahlreichen Baumeistern und ihren unterschiedlichen Konzepten und auf den ersten Blick disparaten und dysfunktionalen architektonischen Elementen, den "wenig hin und her zerstreuten, großen und kleinen, runden und viereckten Fenstern" und  "mehr Türen und Tore von mancherlei Form und Größe" zu Ausdruck kommt.
    Dies kann einen heutigen Leser an die "»Hundertwasserhäuser" genannten Bauten des Künstlers und Architekten »Friedensreich Hundertwasser (1928-2000) erinnern, der sich zeitlebens als Gegner der 'geraden Linie' und jeglicher Standardisierung verstanden hat, oder auch an Bauwerke von »Antoni Gaudí (1852-1926), der mit seinen geschwungene Linien, unregelmäßigen Grundrisse, schräg gemauerten Stützen, naturnahen weichen Formen  ( z. B. »Sagrada Família, »Casa Vicens, »Casa Calvet oder den »Güell Pavillons) besonders Barcelona geprägt hat.

  • Die Gegenüberstellung von Einheit und Vielfalt hält "als Problem fest, "dass es zwischen einem Gott und vielen Religionen keine Vernunft/Geschichte-Trennung gibt." (1) Sie alle bewohnen einen gemeinsamen Palast, ein gemeinsames Haus, statt streng voneinander separiert zu sein.

  • In der "Parabel" "(liegt) die Pointe nicht darin, dass ein Richter zwischen (nach Voraussetzung) ununterscheidbaren Ringen zu wählen hat, sondern in der Spannung zwischen Dogmatismus, polymorphem Pragmatismus und Ernstfall." (1)

  • Den aufklärerischen Gedanken, den "die wenigen" äußern, ist eine Meinung unter vielen: "Was gehen uns eure Grundrisse an? Dieser oder ein andrer, sie sind uns alle gleich. Genug, das wir jeden Augenblick erfahren, dass die gütigste Weisheit den ganzen Palast erfüllet, und dass sich aus ihm nichts als Schönheit und Ordnung und Wohlstand auf das ganze Land verbreitet."  Die "Wenigen" sind auf diese Weise auch nicht die Gruppe, die (richterlich) entscheidet, sondern sie sind eine Gruppe wie jede andere auch, die mit den anderen im Streit liegt. Ihr Verhältnis zueinander ist nicht hierarchisch.

  • Das Urteil über die richtige Antwort wird in der "Parabel" nicht auf unbestimmte Zeit hinausgeschoben und an einen  "höheren" Richterstuhl verwiesen wie bei der Ringparabel, die damit demonstriert, "dass unter der Voraussetzung der Vernünftigkeit zwischen den Heilsansprüchen nicht zu wählen ist". (1)

  • Stattdessen erzählt die Parabel, wie das Urteil mit dem Feuer als Ernstfall gefällt wird. Allerdings hebt sie diesen Ernstfall dann wieder auf, indem sie das angebliche Feuer als Fehlalarm ausgibt. Statt sich um die Lösung des Brandes zu bemühen, bringen die selbsternannten Experten lieber ihre Grundrisse in Sicherheit und streiten auf deren Grundlage darüber, an welcher Stelle des gemeinsamen Hauses der Brand ausgebrochen ist.

  • Im Unterschied zur Ringparabel werden in der Parabel auch die "wenigen", mit ihren »deistischen Positionen (»Was gehen uns eure Grundrisse an? Dieser oder ein andrer, sie sind uns alle gleich. Genug, dass wir jeden Augenblick erfahren, dass die gütigste Weisheit den ganzen Palast erfüllet, und dass sich aus ihm nichts als Schönheit und Ordnung und Wohlstand auf das ganze Land verbreitet.«) dem Urteil unterzogen, das das Feuer in Gang setzt. Eine Antwort auf das Urteil bleibt von dieser Position aus betrachtet aber aus.

(1) https://wiki.philo.at/index.php?title=Text_zur_Pr%C3%BCfung,_WS_2005/06:_%22Die_Parabel%22

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 10.09.2020

  
 

 
ERZÄHLENDE TEXTE  Formen erzählender Texte Strukturen erzählender texte Strukturbegriffe der Erzähltechnik ARBEITSTECHNIKEN Arbeit mit Texten Zitieren INTERPRETATION EINES EPISCHEN TEXTES Aspekte der Analyse
 

 
  Creative Commons Lizenzvertrag Dieses Werk ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International License (CC-BY-SA)
Dies gilt für alle Inhalte, sofern sie nicht von
externen Quellen eingebunden werden oder anderweitig gekennzeichnet sind. Autor: Gert Egle/www.teachsam.de
-
CC-Lizenz