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Text Lessing: Nathan der Weise - 3. Akt: Szene 9

III,9 - Nathan blockt den Heiratsantrag des Tempelherrn zunächst einmal ab

III,8 « III,9 » III,10


FaChbereich Deutsch
Glossar Literatur Literarische Gattungen Dramatische Texte Autorinnen und Autoren Gotthold Ephraim Lessing Nathan der Weise
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Gesamttext (Recherche-/Leseversion

DRITTER AUFZUG

NEUNTER AUFTRITT

Nathan und der Tempelherr.

NATHAN.             Wie? seid Ihrs?
TEMPELHERR.                           Ihr habt
   Sehr lang' Euch bei dem Sultan aufgehalten.                                 2160
NATHAN. So lange nun wohl nicht. Ich ward im Hingehn
   Zu viel verweilt.1 – Ah, wahrlich Curd; der Mann
   Steht seinen Ruhm.2 Sein Ruhm ist bloß sein Schatten.
   Doch laßt vor allen Dingen Euch geschwind
   Nur sagen ...
TEMPELHERR. Was?
NATHAN.                   Er will Euch sprechen; will,
   Daß ungesäumt Ihr zu ihm kommt
. Begleitet
   Mich nur nach Hause, wo ich noch für ihn
   Erst etwas anders zu verfügen habe:3
   Und dann, so gehn wir.
TEMPELHERR.              Nathan, Euer Haus
   Betret' ich wieder eher nicht ...
NATHAN.                                So seid                                           2170
   Ihr doch indes schon da gewesen? habt
   Indes sie doch gesprochen? – Nun? – Sagt: wie
   Gefällt Euch Recha?
TEMPELHERR.         Über allen Ausdruck! –
   Allein, – sie wiedersehn – das werd ich nie!
   Nie! nie! – Ihr müßtet mir zur Stelle denn
   Versprechen: – daß ich sie auf immer, immer –
   Soll können sehn.

NATHAN.                Wie wollt Ihr, daß ich das
   Versteh'?
TEMPELHERR (nach einer kurzen Pause ihm plötzlich um den Hals fallend.)
                       Mein Vater!4
NATHAN.                            – Junger Mann!
TEMPELHERR (ihn eben so plötzlich wieder lassend.)
                                                                  Nicht Sohn?
   Ich bitt' Euch, Nathan! –
NATHAN.                          Lieber junger Mann!
TEMPELHERR. Nicht Sohn? – Ich bitt' Euch, Nathan! – Ich beschwör' 2180
   Euch bei den ersten Banden der Natur!5
   Zieht ihnen spätre Fesseln doch nicht vor! –
   Begnügt Euch doch ein Mensch zu sein! – Stoßt mich
   Nicht von Euch!
NATHAN.             Lieber, lieber Freund! ...
TEMPELHERR.                                      Und Sohn?
   Sohn nicht? – Auch dann nicht, dann nicht einmal, wenn
   Erkenntlichkeit6 zum Herzen Eurer Tochter
   Der Liebe schon den Weg gebahnet hätte?
   Auch dann nicht einmal, wenn in eins zu schmelzen
   Auf Euern Wink nur beide warteten?7
   Ihr schweigt?                                                                             2190
NATHAN.         Ihr überrascht mich, junger Ritter.
TEMPELHERR. Ich überrasch' Euch? – überrasch' Euch, Nathan,
   Mit Euern eigenen Gedanken?8 – Ihr
   Verkennt sie doch in meinem Munde nicht? –
   Ich überrasch' Euch?
NATHAN.                      Eh ich einmal weiß,
   Was für ein Stauffen Euer Vater denn
   Gewesen ist!
9
TEMPELHERR. Was sagt Ihr, Nathan? was? –
   In diesem Augenblicke fühlt Ihr nichts,
   Als Neubegier?10
NATHAN.             Denn seht! Ich habe selbst
   Wohl einen Stauffen ehedem gekannt,
   Der Conrad hieß
.
TEMPELHERR.      Nun – wenn mein Vater denn                             2200
   Nun eben so geheißen hätte?
NATHAN.                                  Wahrlich?
TEMPELHERR.
   Ich heiße selber ja nach meinem Vater: Curd
   Ist Conrad.

NATHAN.     Nun – so war mein Conrad doch
   Nicht Euer Vater. Denn mein Conrad war,
   Was Ihr; war Tempelherr; war nie vermählt.
11
TEMPELHERR.                                           O darum!
NATHAN. Wie?
TEMPELHERR. O darum könnt' er doch
   Mein Vater wohl gewesen sein.
NATHAN.                                   Ihr scherzt.
TEMPELHERR. Und Ihr nehmts wahrlich zu genau! – Was wärs
   Denn nun? So was von Bastard oder Bankert!12
   Der Schlag13 ist auch nicht zu verachten. – Doch                             2210
   Entlaßt14 mich immer meiner Ahnenprobe.
   Ich will Euch Eurer wiederum entlassen.
   Nicht zwar, als ob ich den geringsten Zweifel
   In Euern Stammbaum setzte. Gott behüte!
   Ihr könnt ihn Blatt vor Blatt bis Abraham
   Hinauf belegen.
15 Und von da so weiter,
   Weiß ich ihn selbst; will ich ihn selbst beschwören.
NATHAN. Ihr werdet bitter. – Doch verdien' ichs? – Schlug
   Ich denn Euch schon was ab? – Ich will Euch ja
   Nur bei dem Worte nicht den Augenblick                                      2220
   So fassen. – Weiter nichts.

TEMPELHERR.                   Gewiß? – Nichts weiter?
   O so vergebt! ...
NATHAN.           Nun kommt nur, kommt!
TEMPELHERR.                                       Wohin?
   Nein! – Mit in Euer Haus? – Das nicht! das nicht! –
   Da brennts!16 – Ich will Euch hier erwarten. Geht! –
   Soll ich sie wiedersehn: so seh ich sie
   Noch oft genug. Wo nicht: so sah ich sie
   Schon viel zu viel ...
NATHAN. Ich will mich möglichst eilen.

 

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Dieses Werk (Nathan der Weise, von Gotthold Ephraim Lessing), das durch Gert Egle gekennzeichnet wurde, unterliegt keinen bekannten urheberrechtlichen Beschränkungen.

 

Worterläuterungen/Hinweise/Kommentar

1   aufgehalten, geblieben
2   ist sie gut wie oder besser als sein Ruhm, entspricht seinem Ruhm
3   will Saladin versprochenen Geldmittel zukommen lassen (III,7 V 2066-2086), die Saladin dann von Sklaven in zahlreichen Beuteln in den Palast gebracht werden (IV,3 Nebentext im nach dem Szenentitel)
4   Unter Umständen bezieht sich Nathans Äußerung in IV, V 2190 auch auf diese Aussage des Tempelherrn
5   bei den ersten natürlichen Bindungen, die zwischen Menschen bestehen, z. B. Kindesliebe oder Religionszugehörigkeit u. ä.
6   Dankbarkeit
7   vgl. dazu auch Rechas "abgeklärte" Reaktion auf ihr Zusammentreffen mit dem Tempelherrn (III,3) - vgl. III,3 V 1719ff.
8   Der Tempelherr bezieht sich hier offensichtlich auf den Grund für Nathans Frage, ob ihm Recha gefalle, wenig zuvor (III,9 V 2172f.) und seine Aufforderung an ihn, Recha kennen zu lernen (II,5 V 1322) und die unmittelbare Reaktion des Tempelherrn darauf.
9   Verwandtschaftsbeziehungen der Figuren
10  Neugier, Neugierde
11  aufgrund seines als Tempelritter abgelegten »Keuschheitgelübdes (»Ordensregeln der Tempelritter) nimmt Nathan an, dass sein Conrad von Stauffen nicht der Vater des Tempelherrn sein kann
12  Tempelherr fühlt sich "beleidigt", wie er in III,10 V 2310 Daja gegenüber bemerkt.. Als Bankart wurden Kinder bezeichnet, die außerhalb des Ehebettes, also z. B. auf einer Bank, gezeugt wurden, also z.B. auch von einer Geliebten, illegitimen, nicht verheirateten oder einer Mutter von weit geringerem Stand geboren wurden.
13  Art, Gattung, Menschenschlag
14  erspart, erlasst
15  Hinweis darauf, dass die Juden ihre Abstammung alle auf den »Stammvater Israels, »Abraham, zurückführen; allerdings berufen sich auch das »Christentum und der »Islam auf Abraham als Stammvater. Darum bezeichnet man alle drei auch als »abrahamitische Religionen.
16  Das→Motiv des (Ver-)Brennens taucht an anderen Stellen des Dramas immer wieder auf,  vgl. I,2 V 177, I,6 V 773,  - vgl. Anmerkung (1) zu I,1 V 13 , I,2 V 177, IV,7: "Verbrennen" der Familie Nathans beim Judenpogrom in Gath 18 Jahre vor Einsetzen der dramatischen Handlung (→Vorgeschichte),

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Gesamttext (Recherche-/Leseversion

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 05.05.2021

 
 

 
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