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Aspekte der Analyse und Interpretation

Korrespondenz- und Kontrastbeziehungen in der Figurenkonstellation

Heinrich von Kleist«Der zerbrochne Krug –  Einzelne FigurenVeit Tümpel

 
FAChbereich Deutsch
Glossar Literatur Autorinnen und Autoren ▪ Heinrich von Kleist (1777-1811) Überblick Biografie Erzählende Texte Dramatische Texte Überblick Der zerbrochne Krug Gesamttext (Rechercheversion) Didaktische und methodische Aspekte Überblick Historischer Hintergrund • Literaturgeschichtlicher Kontext Entstehungsgeschichte
Stoffgeschichte Komposition des DramasHandlungsverlauf FigurenkonstellationEinzelne Figuren Überblick Adam Licht • Walter Marthe Rull Eve Veit Tümpel Überblick [ Aspekte der Analyse und Interpretation Überblick Bedeutung im Handlungsverlauf Korrespondenz- und KontrastbeziehungenEine Figur mit komischen und satirischen Seiten Mimisch-gestisches Spiel Ansätze zur Interpretation der Figur ]Bausteine Fragen und Antworten (KI) Ruprecht Frau Brigitte Ein Bedienter Mägde Büttel Bausteine Sprachliche Form Weitere Aspekte der Analyse RezeptionsgeschichteInterpretationsansätze Bausteine Textauswahl Fragen und Antworten (KI) Links ins Internet  Sonstige Texte BausteineLinks ins Internet ...   Schreibformen Rhetorik Filmanalyse ● Operatoren im Fach Deutsch
 

 

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Häufig gestellte Fragen (FAQs)

Veit Tümpel hat für den Verlauf der • analytischenDramenhandlung, i. e. S. das Aufdecken der Vorgeschichte und ihrer Bedingungen, keine wesentliche dramaturgische Funktion. Das bedeutet aber nicht, dass die Figur quasi funktionslos, letzten Endes gar verzichtbar für den Fortgang der • Handlung ist.

Außer dem, was sie sprechhandelnd tut, steht sie als Figur in • Korrespondenz- und Kontrastbezügen zu anderen Figuren oder Personengruppen des Dramas.

Die Korrespondenz- und Kontrastanalyse lässt sich mit Hilfe des dafür vorgesehenen • Fragenkatalogs detailliert und textbezogen durchführen. Die nachfolgende Darstellung beruht auf der Berücksichtigung dieser Fragen.

Veit Tümpel gehört zu allen » Konfigurationen, die nach seinem ersten Auftreten im • 6. Auftritt, mit dem der Prozess vor dem Gericht beginnt, auf der Bühne sind. Seine Bühnenpräsenz bis zum Schuss des Stückes ist hingegen im Vergleich mit etlichen anderen Figuren, die ebenfalls mit ihrem erstmaligen Auftreten bis zum Schluss die Bühne nicht verlassen (• Ruprecht, • Marthe Rull und ▪ Eve,• Gerichtsrat • Walter), nichts, was ihn besonders hervorhebt. Sein Anteil an der dramatischen Rede des gesamten Stückes hat, was die • Haupt- und • Nebenfiguren anbelangt, den geringsten Umfang. Meistens steht er wortlos herum, bis auf eine längere Einlassung, als er sich über die von • Marthe Rull ins Spiel gebrachten • Fluchtpläne seines Sohnes vor der drohenden Einberufung zum Militärdienst (▪ 9.Auftritt) entrüstet und seinen Sohn wegen dessen Missachtung seiner Anweisungen (• 7.Auftritt), sich seiner Verlobten nur so weit zu nähern, wie dies Sitte und Anstand in der Dorfwelt zulassen, tadelt. Sieht man von seinem die Versöhnung von Eve und Ruprecht besiegelnden Satz im 12. Auftritt der Kurzfassung ab ("Küßt und versöhnt und liebt euch"), meldet er sich eigentlich nur mit kurzen, meist ziemlich derben Bemerkungen wie "Halt's Maul, sag ich!",11.Auftritt).zu Wort, die den Charakter von Zwischenrufen haben.

Nicht nur der quantitative Anteil Veit Tümpels an der dramatischen Rede, sondern auch seine Bedeutung im Handlungsverlauf machen ihn zu einer Nebenfigur des Dramas.

Unter dem Blickwinkel der • Figurenkonstellation des Lustspiels betrachtet, steht Veit Tümpel, in verschiedenen Kontrast- und Korrespondenzbeziehungen zu anderen Figuren.

Zunächst einmal ist er Teil der in der Gerichtsverhandlung auftretenden Gruppe der Dorfbewohner, gehört zu ihrer Dorfwelt mit ihrer einfachen, mitunter derb wirkenden Sprache, ihren gesellschaftlichen Spielregeln, Gepflogenheiten und Normen, nach denen zu handeln, er auch von seinem Sohn während der Verlobungszeit verlangt. Insofern ist er ein typisches Mitglied dieser Dorfgemeinschaft mit den entsprechenden Korrespondenzmerkmalen.

In diesem Dorf kennt jeder jeden und seiner Bewohnerinnen und Bewohner wohnen in so enger Nachbarschaft zusammen, dass ungewöhnlicher Lärm im Garten zu früher Nachtstunde etliche von ihnen, aus welchen Gründen auch immer, zusammenlaufen lässt, um mit eigenen Augen sehen zu können, was der Grund dafür ist, wie dem Bericht von • Ruprecht zu entnehmen ist (• 7.Auftritt): Und nicht nur die neugierigen Nachbarn • Ralf und Hinz , auch • "Muhme Sus' und Muhme Liese", • Knechte und Mägde sowie Hunde und Katzen (!) lassen sich so ein "Spektakel" nicht entgehen.

Dass • Veit Tümpel sich nicht in die Schaulustigen einreiht, dürfte eher dramaturgische Funktion haben. Er erfährt ja erst im Verlauf des Prozesses, was sein Sohn "angestellt" hat. Dies ist auch die Voraussetzung dafür, dass er seine ursprünglich väterlich-patriarchalische Schutzrolle aufgeben kann und seinen Sohn nach den "schändlichen" Enthüllungen (unsittliches Verhalten, geplante Desertation) fallen lässt und ihm den Teufel an den Hals wünscht: "dann (soll) der Teufel (...) den Hals ihm brechen." (• 9. Auftritt). Dass er sich ohne, dass er dies in irgendeiner Weise zum Ausdruck gebracht hätte, am Ende wie ein Chamäleon wieder • zum patriarchalen Ehestifter aufschwingt (12. Auftritt der Kurzfassung) verstärkt die Komik, die von der Figur Veits ausgeht.

In dem Dorf werden offenbar familiäre Beziehungen gepflegt und so spricht auch Veit von seiner Schwester • Brigitte in Koseform ("Schwester Briggi", 9. Auftritt), als er verwundert zur Kenntnis nimmt, dass ausgerechnet seine Schwester • Marthes Behauptung, Ruprecht habe den Bruch des Kruges zu verantworten, • mit ihrer Aussage bekräftigen (9. Auftritt) soll. Die Familienverhältnisse im Dorf sind, auch dies macht die Figur Veit deutlich, in der Regel patriarchalisch strukturiert und bestimmte Regeln, auch bei der Eheanbahnung und im Umgang der Brautleute miteinander gelten offenbar seit langer Zeit. So ist es Veit, der beabsichtigt, die Verlobung seines Sohnes nach den Vorkommnissen der Nacht zuvor • ganz offiziell zu lösen und die Verlobungsgeschenke (• Silberkettlein, • Schaupfennig) zurückfordern will und er ist es auch, der, falls Ruprecht doch zum Schadenersatz verurteilt werden sollte, ▪ dafür aufkommen will. (▪ 6.Auftritt).

Neben den Korrespondenzbeziehungen, die zwischen Veit und den anderen Mitgliedern der Dorfwelt bestehen, gibt es auch eine Korrespondenz zwischen der Vater-Sohn-Familie (Veit und • Ruprecht) und der Mutter-Tochter-Familie (• Marthe Rull und ▪ Eve). Auch wenn Marthe als Frau ohne Ehemann dargestellt ist, repräsentiert sie im Grunde, das, was Veit nur eingeschränkt tut. Sie verteidigt ihre Interessen und die ihrer Tochter, der, wenn sich der Verdacht "unzüchtigen" Verhaltens bestätigen sollte, der Pranger droht.

Der Figurenkontrast, der zwischen Veit und Marthe besteht, dominiert dabei eindeutig das, was sie in ihrer Rolle als Beistand ihrer Kinder vor Gericht miteinander verbindet. Veit Tümpel ist als Beistand seines Sohnes der resolut auftretenden Mutter von ▪ Eve im Grunde nicht gewachsen und nimmt während der Verhandlung vor allem eine wortlose Beobachterrolle ein.

In seiner Zugehörigkeit zur Dorfwelt steht Veit Tümpel wie alle anderen "Dörfler" auch in einem Kontrastbezug zu den Personen der Gerichtswelt, in der der Dorfrichter eine besondere Rolle spielt. Der Gerichtsrat • Walter, der stets darum bemüht ist, sein Amt würdig zu repräsentieren, und der Schreiber • Licht, der offensichtlich über eine fundierte Ausbildung verfügt, repräsentieren eine Gerichtswelt mit eigenen formalisierten Regeln, einem Habitus und obrigkeitlichen Gestus, der sich auch in ihrer Sprache ausdrückt, die sich von der der Dorfbewohner deutlich unterscheidet. Anders ist es bei • Adam, der sich zwischen beiden Welten bewegt und dementsprechend sich der Vulgärsprache ebenso bedient wie amtssprachlicher Floskeln, was eine grundsätzlich komische Wirkung besitzt. Die Legitimität der Gerichtswelt und ihrer Vertreter steht dabei für die Dorfbewohner und damit auch für Veit Tümpel außer Frage. Er hält unbeirrt an seiner Treue zur und an seinem Glauben an die Obrigkeit fest, deren Vertretern (vor allem • Walter, aber sogar auch gegenüber • Adam ) er im Prozess im Gegensatz (Figurenkontrast) zu seinem impulsiveren Sohn eigentlich immer mit gehörigem Respekt begegnet. Zugleich erkennt er die • Legitimität eines Gerichtsurteils (6. Auftritt) in der Krugsache an. Dabei ist er wohl ein typischer Vertreter der Dorfgemeinschaft, denn schließlich hofft auch • Marthe auf ein für sie günstiges Urteil in der Krugsache sowie wegen des angeblich unzüchtigen Verhaltens von Ruprecht, der ihrer Ansicht nach die Ehre ihrer Tochter in den Schmutz gezogen hat.

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 07.07.2025

 
 

 
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