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Brief und Wink verhießen mir |
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schon um zwei die liebste Schöne; |
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doch der Zeiger ging auf vier, |
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und mir fehlte noch Climene. |
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5 |
So Geduld als Zeit verstrich, |
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und ich schwur, den Trug zu rächen; |
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endlich aber wies sie sich, |
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endlich hielt sie ihr Versprechen. |
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"Wie so schön", sagt' ich aus Hohn, |
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"hast du alles wahrgenommen! |
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Nur zwei Stunden wart' ich schon; |
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konntest du nicht später kommen?" |
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Da mein Eifer Raum gewann, |
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wollt' ich sie noch schärfer lehren; |
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doch: "was lärmst du", hub sie an, |
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"wird man mich denn auch nicht hören? |
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Ach! Was hab ich itzt vor Schmerz |
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von der Rosenknosp' erlitten, |
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die mir rechts bis an das Herz |
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von der Brust hinabgeglitten! |
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O wie drückt's mich! Himmel, wie! |
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Hier, hier in der linken Seite! |
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Sieh nur selbst, mir glaubst du nie; |
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doch was glaubt ihr klugen Leute!" |
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25 |
Sie entblößte Hals und Brust, |
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mir der Knospe Druck zu zeigen: |
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Plötzlich hieß der Thron der Lust |
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mich und die Verweise schweigen. |
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(aus Friedrich von Hagedorn: Gedichte. Stuttgart 1968 (RUB 1321-23).