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Rühmt mir des Schulzens Tochter nicht |
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Nein! Sagt nur, sie ist reich. |
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Im ganzen Dorf ist kein Gesicht |
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Der flinken Hanne gleich. |
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Das Mensch gefällt, auch ungeputzt, |
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Ich sag es ohne Scheu: |
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Trotz mancher, die in Flittern stutzt, |
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Sie sei auch, wer sie sei. |
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Wie frei und weiß ist ihre Stirn |
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Und rot und frisch ihr Mund! |
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Wie glatt der Haarzopf meiner Dirn |
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Und ihre Brust wie rund! |
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Ihr Aug ist schwarz wie reifer Schlee, |
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Schier komm ich auf den Wahn, |
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Wann ich ihr lang ins Auge seh, |
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Sie hat mir's angetan. |
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Ihr wisst, wie wir im Rosenmond |
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Die Maien hier gepflanzt, |
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Da ward der Füße nicht geschont, |
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Da hat sich's gnug getanzt |
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Des Schaffers Tenne knarrte recht, |
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Wie schäkerten uns satt: |
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Der Hüfner Heins und Hans, der Knecht, |
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Und Hartwig aus der Stadt. |
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Den Vorreihn, Nachbarn, ließ man ihr, |
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Flugs rief sie mich herbei. |
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Beim Element! wie flogen wir |
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Nach Kilians Schalmei. |
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Wann Hanne nur in Schaukeln schwebt, |
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Wie mutig steigt ihr Schwung! |
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Und wann sie sich im Tanzen hebt, |
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Wie schön ist jeder Sprung! |
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Allein beim Kehraus glitschte sie, |
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Doch ich ergriff sie stracks, |
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Und dafür sah ich auch ein Knie, |
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Das war so weiß wie Wachs. |
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Des Pfarrers Mute schimpft' aus Neid |
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Und zwackte mich gar an. |
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Ich sprach: Mensch, lasst mich ungeheut |
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Und kneipt den Leiermann. |
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Mein Liebchen ging mit mir ins Feld, |
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Ich half ihr übern Zaun. |
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Da hab ich mich nicht mehr verstellt, |
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Sie war bei guter Laun. |
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Wir lagerten uns drauf ins Gras, |
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Wie Nachbarskinder tun, |
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Doch ich empfand, ich weiß nicht was, |
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Das ließ mich gar nicht ruhn. |
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Gnug, dass sie mich ihr Büfchen hieß, |
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Mir Hand und Guschel reicht' |
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Und mir ein saftig Schmätzchen ließ, |
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Dem auch der Most nicht gleicht. |
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Ich schmutzelt? Denket, was ihr wollt |
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Glaubt, dass sie euch nur neckt |
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Und dass ihr nicht erfahren sollt, |
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Was Hannens Mieder deckt. |
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Die Edelfrau ist zart und fein, |
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Mein Mensch ist wohl so schön, |
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Sollt ich nur ihr Leibeigner sein, |
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Den Dienst wollt ich versehn- |
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Ihr, die ihr gern was Neues wisst, |
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Das euch die Ohren kraut, |
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Hört, was ihr alle wissen müsst: |
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Sie ist schon meine Braut. |
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Der Herr Magister merkt schon was, |
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Bring ich den Decem hin, |
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So fragt er mich ohn Unterlass, |
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Ob ich verplempert bin? |
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Und wann sie in die Kirche tritt, |
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So singt er, glaubt es mir, |
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Noch weniger als sonsten mit |
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Und schielt und gafft nach ihr. |
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Die Hochzeit soll auch bald geschehn, |
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Noch vor der Ernte Zeit |
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Da sollt ihr manchen Luftsprung sehn, |
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Der Leib und Seel erfreut. |
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Die ganze Dorfschaft komme mir, |
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Sie soll willkommen sein, |
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Und ich versprech euch Kirmißbier |
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Und guten Firnewein |
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(aus Friedrich von Hagedorn: Gedichte. Stuttgart 1968 (RUB 1321-23).
(aus: Poetische Werke, Zweyter Theil / Viertes Buch, Oden und Lieder;
Referenzausgabe: Anonymus: Des Herrn Friedrichs von Hagedorn sämmtliche
Poetische Werke, Bd. 2. Johann Carl Bohn: 1757, S. 109-110.,
Rechtschreibung an die modernen Regeln angepasst)