|
In jenem zarten Alter, |
|
Als ich mit meinem Schäfchen |
|
Mich noch zu messen pflegte |
|
Und älter war, doch kleiner, |
5 |
Als mein getreues Schäfchen, |
|
Da folgt ich schon der Chloris, |
|
Wie mir mein treues Schäfchen |
|
Auch schon in jenen Zeiten |
|
War sie in meinen Augen |
10 |
Mehr als ein sterblich Mädchen, |
|
Und ist noch eine Göttin, |
|
Und mir die schönste Göttin, |
|
Die jemals sichtbar worden |
|
Einst sagt' ich ihr: ich liebe; |
15 |
Ich liebe dich, o Chloris |
|
Dies war des Herzens Sprache, |
|
Dies sagten meine Seufzer; |
|
Die kindisch blöde Zunge |
|
Ließ Herz und Seufzer reden |
20 |
Und fand sich keine Worte |
|
Doch mich verstand die Schöne |
|
Und schenkte mir ein Mäulchen, |
|
Ein unvergesslich Mäulchen |
|
Und sprach zu mir: Du Kleiner, |
25 |
Du kennst noch nicht die Liebe |
|
Seitdem entbrannte Chloris, |
|
Jedoch für andre Schäfer |
|
Seitdem fing mancher Schäfer |
|
Aus Chloris Augen Feuer |
30 |
Seitdem kam ich ins Alter, |
|
In dem wir Menschen lieben, |
|
Wie unsre Väter liebten |
|
Es reiften meine Jahre, |
|
Es gab mir jeder Frühling |
35 |
Mehr Zärtlichkeit und Wünsche |
|
|
|
Noch jetzt verehr' ich Chloris; |
|
Mir aber ist sie spröde |
|
Und wünscht nicht zu erfahren, |
|
Ob ich die Liebe kenne; |
40 |
Und jener süßen Stunde |
|
Und ihres kleinen Schäfers |
|
Und ihres holden Kusses |
|
Vergißt die stolze Schöne |
|
Nur ich kann ihrer Lippen, |
45 |
Die sie mir lächelnd reichte, |
|
Nur ich kann ihres Kusses |
|
Und ihrer nicht vergessen |