docx-Download -
pdf-Download
▪
Lyrische Texte interpretieren (Schulische Schreibform)
▪
Grundbegriffe zur Gedichtinterpretation
▪
Leitfragen und Aufgaben
▪ Lyrische Texte
(Gattung)
▪
Formen
lyrischer Texte »
▪
Literaturepoche Barock (1600-1720)
▪
Literatur auf dem
Weg in die Moderne
▪
Historischer Hintergrund
▪
Gesellschaftliche, politische
und kulturelle Rahmenbedingungen
▪
Religion und
Gesellschaft
▪
Bewusstseins- und
mentalitätsgeschichtliche Aspekte
▪
Allseits bedrohtes Leben und
unstillbarer Lebenshunger
▪
Vanitas, carpe diem und memento mori: Der Mensch in bipolarer
Spannung
▪
Krankheit und Tod
▪
Barocklyrik
▪
Formtypologische Elemente der Barocklyrik
▪
Sonett
▪
Überblick
▪
Grundtypen
▪
Textauswahl
▪ Vanitas-Lyrik
▪
Vanitas-Motiv und Vanitas-Symbole
Das ▪
Sonett ▪"Menschliches
Elende" von ▪
Andreas Gryphius
gehört zur weltlichen
Lyrik in der ▪ Literaturepoche des ▪
Barock (1600-1720).
Es ist eines seiner "Vanitas-Sonette" (Meid
22008, S.102) und wird hier unter dem Begriff der ▪
barocken
Vanitas-Lyrik eingeordnet, deren zentrales ▪
Motiv die Vergänglichkeit
(vanitas) darstellt.
Zu deren Themenkreis zählen jene Werke, die sich um den "Zusammenhang von "vanitas
(Eitelkeit), Vergänglichkeit,
memento mori (Gedenke des
Todes) und carpe diem (Nutze
den Tag)", (Niefanger
2006, S.104) drehen, wobei sich auch in weltlichen Gedichten häufig religiöse
Anklänge finden, wie sie das geistliche Lied des 17. Jahrhunderts
kennzeichnen.
Die wichtigsten
Themen der weltlichen Lyrik
sind politische oder historische
Ereignisse, Huldigung und die
Liebe,
sowie das Land- und Hirtenleben (Pegnitz-Schäfer). Dabei gerät in Gedichten
mit politischer Thematik häufig das Leben am Hof und dessen Laster in die
Kritik. (vgl.
ebd.)
Die Interpretation des
Gedichts ▪"Menschliches Elende"
von ▪ Andreas Gryphius (1618-1664) sollte u. a. die folgenden Aspekte
umfassen:
Das Gedicht "Menschliches
Elende" ist eines der zahlreichen "Vanitas-Sonette" (Meid
22008, S.102), die ▪ Andreas Gryphius
(1616-1664) geschrieben hat und zählt sicher auch zu denen, die bis
heute am meisten bekannt geblieben sind. Im Gegensatz zu den Gedichten, die
sich stärker um die Darstellung der Eitelkeit der Welt und der
Vergänglichkeit alles Irdischen drehen, steht es für Gedichte, die
thematisch den Fokus stärker auf "die Beschaffenheit und Bestimmung des
Menschen" (vgl. ebd.)
richten. Unberührt davon bleibt, dass es in diesen Gedichten immer um "die
heilsgeschichtliche Bedeutung und um das Seelenheil des einzelnen" (Meid
1989, S.99) geht und das "gesamte lyrische Werk des Andreas Gryphius
(...) die heilsgeschichtliche Deutung öffentlichen wie privaten Leids (ist)"
(Aurnhammer/Detering
2019, S.186, dort Verweis auf
Mauser 1976,
S.252-167)
Alle jene Gedichte von
Gryphius, die in seiner ersten Gedichtsammlung, den Lissaer Sonetten
(1637) unter Überschriften erscheinen wie "Vanitas, vanitatum, et
omnia vanitas, Trawerklage des Autoris / in sehr schwerer Kranckheit", "Der
Welt Wollust ist nimmer ohne Schmertzen" oder eben auch als
"Menschliches Elende" erscheinen, "deuten den ganzen Umfang der
Vorstellungen von der Eitelkeit des Irdisch-Menschlichen an", die fast sein
ganzes literarisches Werk (Lyrik, Trauerspiele, Leichenreden) kennzeichnen.
und von ihm immer wieder unter Rückgriff auf die "poetischen Schatzkammern"
(Szyrocki
1979, S.41), den umfangreichen Sammlungen für Sinnbilder und Embleme
aller Art und auf eigene Gestaltungen das Thema bzw. ▪
Motiv der
Vergänglichkeit immer wieder variierte.
Diese Intertextualität, an
der kaum jemand Anstoß genommen hat, war schon in der neulateinischen
Dichtung gepflegt worden und wurde als ▪
Imitatio-Poetik
auch von den Vertretern der neuen
▪ "Kunstdichtung"
praktiziert, zu denen der gelehrte Gryphius zählte. Auf diesen von der
Gelehrtengemeinschaft sorgsam gehüteten und gepflegten
Fundus
topischer "Allgemeinpätze" in
Bildsprache und Rhetorik möglichst virtuos, aber insgesamt eben nachahmend
schöpfen".(vgl.
Willems 2012,
Bd. I, S.208)
zurückgreifen zu können, signalisierte dabei auch die Zugehörigkeit zu
dieser elitären Gemeinschaft.
So sind auch etliche der
Bilder, die er in dem Sonett Menschliches Elende verwendet wie z.B.
der rollende Ball bzw. die Kugel, der schmelzende Schnee, die verbrennende
Kerze, der verströmende Fluss gängige ▪
Vanitas-Symbole der Zeit,
die in zahlreichen Emblembüchern des 16. und 17. Jahrhunderts abgebildet
waren oder mit der Vanitas-Idee allgemein konnotiert wurden.
Auch in diesem Sonett findet
seine Variation über das Thema der Vergänglichkeit seine "sprachliche Form
»in einer pathetisch bewegten Rhetorik« (Böckmann), die nutzt, was der
Baukasten der Rhetorik zur Gestaltung der Aussage hergibt: Worthäufungen,
asyndetische Reihungen, Parallelismen, Antithesen u. ä. m.
Diese ▪
rhetorischen Mittel
stehen dabei grundsätzlich "im Dienst des insistierenden Nennens, umkreisen
den Gegenstand, beschreiben ihn durch die Aufzählung seiner einzelnen Teile
(enumeratio partium) oder durch eine Folge von Definitionen. Durch
die Intensivierung der rhetorischen Mittel, eine Vorliebe für Asymmetrie und
ein Überspielen der Starrheit der vorgegebenen Formen (Metrik, Versform)
erzielt Gryphius ein Pathos der Rede, dessen Wirkung durch die Wahl greller
und harter Ausdrücke noch gesteigert wird. Besonders bei den Worthäufungen,
die die insistierende Nennung auf die Spitze treiben, zeigt sich, wie
Gryphius um des rhetorischen movere willen die Ebene des
klassizistisch-maßvollen Sprechens durchbricht." (Meid
22008, S.103f.)
Es sind, so betont Meid
weiter, diese "Zentner-Worte" (Lohenstein), die
den von Gryphius gestalteten "biblisch-barocken Gemeinplatz von der
Vergänglichkeit allen Irdischen" (ebd.
S.104) mit seiner "rhetorischen Intensität und Dynamik" (ebd.
S.104) aus der großen Zahl von Gedichten heraushebt, die sich mit diesem
oder einem ähnlichen, auch stärker religiös akzentuierten Thema befassen.
Zugleich nimmt Gryphius mit
seinen Kunstgedichten, die alt bekannte Vanitas-Motive arrangieren und
variieren, auch das höfische und gebildete Publikum mit, das, wenn es sie
wiederentdeckt, sicher auch an den grellen und harten Ausdrücken
seine (ästhetische) Freude gehabt und, bei aller Düsterkeit der
heilsgeschichtlich mahnenden Bilder, sicher auch Wege gefunden hat, bei der
öffentlichen Rezeption dieses und anderer Vanitas-Sonette ihr
"Bekümmertsein" zu inszenieren und zu kultivieren.
▪
Lyrische Texte interpretieren (Schulische Schreibform)
▪
Grundbegriffe zur Gedichtinterpretation
▪
Leitfragen und Aufgaben
▪ Lyrische Texte
(Gattung)
▪
Formen
lyrischer Texte »
▪
Literaturepoche Barock (1600-1720)
▪
Literatur auf dem
Weg in die Moderne
▪
Historischer Hintergrund
▪
Gesellschaftliche, politische
und kulturelle Rahmenbedingungen
▪
Religion und
Gesellschaft
▪
Bewusstseins- und
mentalitätsgeschichtliche Aspekte
▪
Allseits bedrohtes Leben und
unstillbarer Lebenshunger
▪
Vanitas, carpe diem und memento mori: Der Mensch in bipolarer
Spannung
▪
Krankheit und Tod
▪
Barocklyrik
▪
Formtypologische Elemente der Barocklyrik
▪
Sonett
▪
Überblick
▪
Grundtypen
▪
Textauswahl
▪ Vanitas-Lyrik
▪
Vanitas-Motiv und Vanitas-Symbole
docx-Download -
pdf-Download
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
27.01.2024