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Was sorgst du ängstlich
für dein Leben? |
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Es Gott gelassen
übergeben, |
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Ist wahre Ruh und deine
Pflicht. |
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Du sollst es lieben,
weislich nützen, |
5 |
Es dankbar, als ein
Glück, besitzen, |
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Verlieren, als verlörst
du's nicht. |
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Der Tod soll dich nicht
traurig schrecken: |
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Doch dich zur Weisheit zu
erwecken, |
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Soll er dir stets vor
Augen sein. |
10 |
Er soll den Wunsch zu
leben mindern, |
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Doch dich in deiner
Pflicht nicht hindern, |
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Vielmehr dir Kraft dazu
verleihn. |
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Ermattest du in deinen
Pflichten: |
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So lass den Tod dich
unterrichten, |
15 |
Wie wenig deiner Tage
sind. |
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Sprich: Sollt ich Gutes
wohl verschieben? |
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Nein, meine Zeit, es
auszuüben, |
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Ist kurz, und sie
verfliegt geschwind. |
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Denk an den Tod, wenn
böse Triebe, |
20 |
Wenn Lust der Welt und
ihre Liebe |
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Dich reizen; und ersticke
sie. |
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Sprich: Kann ich nicht
noch heute sterben? |
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Und könnt ich auch die
Welt erwerben, |
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Beging ich doch solch
Übel nie. |
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25 |
Denk an den Tod, wenn
Ruhm und Ehren, |
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Wenn deine Schätze sich
vermehren, |
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Daß du sie nicht zu
heftig liebst. |
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Denk an die Eitelkeit der
Erden, |
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Daß, wenn sie dir
entrissen werden, |
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Du dann dich nicht zu
sehr betrübst. |
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Denk an den Tod bei
frohen Tagen. |
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Kann deine Lust sein Bild
vertragen: |
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So ist sie gut und
unschuldsvoll. |
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Sprich, dein Vergnügen zu
versüßen: |
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Welch Glück werd ich erst
dort genießen, |
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Wo ich unendlich leben
soll! |
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Denk an den Tod, wenn
deinem Leben |
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Das fehlt, wonach die
Reichen streben; |
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Sprich: Bin ich hier, um
reich zu sein? |
40 |
Heil mir! wenn ich in
Christo sterbe, |
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Dann ist ein unbeflecktes
Erbe, |
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Dann ist der Himmel
Reichtum mein. |
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Denk an den Tod, wenn
Leiden kommen; |
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Sprich: Alle Trübsal
eines Frommen |
45 |
Ist zeitlich, und im
Glauben leicht. |
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Ich leide; doch von allem
Bösen |
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Wird mich der Tod bald,
bald erlösen; |
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Er ist's, der mir die
Krone reicht. |
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Denk an den Tod, wenn
freche Rotten |
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Des Glaubens und der
Tugend spotten, |
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Und Laster stolz ihr
Haupt erhöhn. |
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Sprich bei dir selbst:
Gott trägt die Frechen; |
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Doch endlich kömmt er,
sich zu rächen, |
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Und plötzlich werden sie
vergehn. |
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55 |
Denk an den Tod zur Zeit
der Schrecken, |
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Wenn Pfeile Gottes in dir
stecken; |
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Du rufst, und er
antwortet nicht. |
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Sprich: Sollte Gott mich
ewig hassen? |
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Er wird mich sterbend
nicht verlassen; |
60 |
Dann zeigt er mir sein
Angesicht. |
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So suche dir in allen
Fällen |
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Den Tod oft, lebhaft,
vorzustellen; |
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So wirst du ihn nicht
zitternd scheun; |
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So wird er dir ein Trost
in Klagen, |
65 |
Ein weiser Freund in
guten Tagen, |
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Ein Schild in der Versuchung sein. |