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Freytag:
Die Technik des Dramas
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Die
Komposition der Fabel im Drama der geschlossenen Form
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Baustein: Die Entwicklung Alfred Ills - Der Spannungsbogen der
"Privathandlung" herausarbeiten
Die Entwicklung Alfred Ills und der
Güllener Bürger
Alfred Ill macht
in Friedrich
Dürrenmatts "Der Besuch der alten Dame" als einzige Figur
eine echte Entwicklung durch.
In den verschiedenen Akten lässt sich diese Entwicklung in Form einer
tabellarischen Aufstellung aufzeigen.
Erster Akt
Überheblichkeit |
"Wir waren die
besten Freunde [...] war schließlich ein Kerl [...] ich sehe sie
immer noch [...] mit wehenden roten Haaren, biegsam,
gertenschlank, zart, eine verteufelt schöne Hexe. Das Leben
trennte uns, nur das Lebend, wie es eben kommt." (S.18) |
verdrängte Schuld |
"Wir waren [...]
jung und hitzig." (S.18)
vgl. später: "Ich war jung und unbesonnen." (S.46) |
Stichwortgeber
für die Rede des Bürgermeisters mit eindeutigen
Fehlinformationen |
"Klara liebte die
Gerechtigkeit [...] Wohltätig war sie auch." (S.19)
vgl. später: Claires Antwort auf die Begrüßungsrede des
Bürgermeisters (S.44) |
unbedingte
Bereitschaft, Erwartungen zu erfüllen; kalkulierend |
"Wir müssen klug
vorgehen, psychologisch richtig." (S.20) |
bei Begrüßung Claires Erfahrung des
Widerspruchs, Überlegenheit nach außen zeigen zu wollen, auf der
anderen Seite jedoch von Claire Z. in eine
inferiore, sekundäre
Komplementärposition gebracht zu werden (vgl. Claires dominanter
Gestus bei ihrer Ankunft) |
"(unsicher) [...] (wischt
sich den Schweiß ab)" (S.25, Nebentext)
"(stolz)
Sehen Sie, Herr Lehrer, die habe ich im Sack." (S.25) |
Lebenslüge |
"Dir zuliebe habe ich Mathilde
Blumhard geheiratet. [...] Ich wollte dein Glück. Da musste ich
auf das meine verzichten." (S.37) |
Verleugnung des Werts der eigenen
Familie |
"Ich lebe in einer Hölle, seit du
von mir gegangen bist." (S.38)
"Ich schlage mich mit einer
Familie herum, die mir jeden Tag die Armut vorhält." (S.38)
Kinder "ohne Sinn für Ideale" (S.38) |
Verleugnung des eigenen Selbstwerts |
"Ich führe ein lächerliches Leben."
(S.38)
vgl. Entwicklung zwischen dieser und der späteren Aussage: "ich
weiß nur, dass ich ein sinnloses Leben beende." (S.117) |
Lügen |
"Wie einst, alles wie einst."
(S.39)
"Ich liebe dich doch." (S.39) |
wird selbst betrogen (nach
Verkündigung der Zuwendung in Höhe einer Milliarde, bevor die
daran geknüpfte Bedingung bekannt ist) |
"Die Klara. Goldig! [...]
(Er küsst sie.) (S.45) |
konfrontiert mit der Wahrheit:
Herausreden, Nichtanerkennen von Schuld bzw. des Weiterbestehens
der Schuld;
verwechselt juristische und moralische Schuld |
"Alte Geschichten. Ich war jung und
unbesonnen." (S.46)
vgl. S.18
"(stampft auf den Boden) Verjährt, alles
verjährt! Eine alte, verrückte Geschichte." (S.48)
"Zauberhexchen! [...] Das Leben ging doch längst weiter."
(S.49) |
Zweiter Akt
Naivität? |
"Alle für einen,
einer für alle." (S.55) |
erster Ansatz von
Einsicht oder bewusste Taktik, um Solidarität der Güllener zu
erlangen? |
"Ich bin ein
alter Sünder, Hofbauer, wer ist dies nicht. Es war ein böser
Jugendstreich, den ich ihr spielte." (S.56) |
erkennt, dass die Güllener mit der
Milliarde, d. h. seinem Tod spekulieren:
die gelben Schuhe |
"Womit wollt ihr zahlen?
(Schweigen. Er beginnt die Kundschaft mit Waren zu bewerfen.)
(S.60) |
bäumt sich auf: Appell an den
Rechtsstaat/Polizist |
"Ich verlange die Verhaftung der
Claire Zachanassian." (S.61) |
durchschaut die Strategie Claires |
"Die Stadt macht Schulden. Mit den
Schulden steigt der Wohlstand. Mit dem Wohlstand die
Notwendigkeit, mich zu töten." (S.65)
Claire braucht "nur zu
warten"
"Ihr alle wartet." (S.65)
"Mich jagt ihr, mich." (S.66) |
weiteres Aufbäumen im Gespräch mit
dem Bürgermeister |
"Schweigen ist mir zu gefährlich.
[...] Wenn ich rede, habe ich noch eine Chance davonzukommen."
(S.71) |
erkennt seine Lage |
"Ihr habt mich schon zum Tode
verurteilt!" (S.72) |
bekennt die Angst um das eigene
Leben gegenüber dem Pfarrer |
"Ich fürchte mich [...] Es geht um
mein Leben." (S.74) |
im Moment der größten Schwäche
bewaffnet er sich |
"(Ill mit einem Gewehr)"
(S.77, Nebentext) |
erkennt, dass er sich selbst durch
einen Mord an Claire nicht von seiner Angst befreien kann |
"Ich bin verzweifelt [...] zu allem
fähig [...] zu allem entschlossen [...] (lässt das Gewehr
sinken)" (S.78f.) |
kann vor seinem eigenen Gewissen
nicht fliehen |
"Ich bin verloren." (S.85) |
wird an der Flucht gehindert |
"Was schart ihr euch um mich?"
(S.83) |
Dritter Akt
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
30.03.2022
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