▪
Sprechen als
kommunikatives Handeln
▪
Textprozeduren orientierte Schreibdidaktik
▪
Construction-Integration-Modell
des Textverstehens
Seit den siebziger Jahren hat sich der Ansatz der linguistischen
▪ Pragmatik
auch in der ▪ Textlinguistik durchgesetzt.
Unter der (linguistischen)
Pragmatik versteht man die Lehre von der Sprachverwendung
unter Bezugnahme auf die
jeweilige Sprechsituation und ihren Einfluss auf Inhalt und Art der
▪ Sprachhandlung.
Der ▪
pragmatische
Ansatz der Textlinguistik hat einen weitreichenden Einfluss auf das
Verständnis von sprachlicher Kommunikation und damit auch auf den den Textbegriff
gewonnen.
Seine Vertreter streben danach, "das praktische kommunikative
Funktionieren von komplexen Äußerungseinheiten als Teil der Lebenspraxis
der Kommunizierenden zu erfassen." (Heinemann
2008, S.114)
Daraus ergibt sich, dass der pragmatische Ansatz der
Textlinguistik sich bei der Analyse und Beschreibung solcher
sprachlicher Äußerungseinheiten, die über Sätze hinausgehen, also bei
Texten im weitesten Sinne, zunächst einmal darum kümmert,
was die mit Hilfe von Sprache bzw. mündlichen oder schriftlichen
Texten miteinander Kommunizierenden dabei tun. Erst dann fragt sie danach, mit
welchen sprachlichen Mittel sie das tun. Der ▪
schreibdidaktische
▪ textprozedurenorientierte Ansatz, das hier am Rande
erwähnt, versucht beide Komponenten zu integrieren.
Darum geht es
der textlinguistischen Pragmatik
Etwas
vereinfacht ausgedrückt, tellt sich das, worum es der
textlinguistischen Pragmatik geht, so dar:
Die (text-)linguistische Pragmatik
interessiert sich dafür, was die Menschen tun,
wenn sie miteinander kommunizieren z. B. sprechen, schreiben) und unter
welchen Voraussetzungen gelingt, was die damit erreichen wollen.
Man könnte
sagen, sie will zeigen, wie längere und vielgestaltig aufgebaute mündliche
oder schriftliche Äußerungen (Texte) funktionieren.
Warum unter welchen
Umständen gelingt es uns in der Kommunikation miteinander eigentlich, dass
wir mitteilen können, was wir beabsichtigen, und unser Kommunikationspartner
verstehen kann, was wir damit meinen.
Klingt selbstverständlich, ist es aber
nicht. Mit einem ganz einfachen Beispiel lässt sich dies verdeutlichen: Wenn
jemand "Feuer" sagt, woher wissen wir dann eigentlich, was er meint? Genau
solche Fragen, nur auf einer viel umfassenderen Art und Weise, versucht die
linguistische Pragmatik zu beantworten.
Sie geht nämlich davon aus, dass die Situation, wozu man das ganze soziale
Umfeld zählen kann, einen ganz entscheidenden Anteil daran hat, ob
eine
Kommunikation "glückt". Mit Glück im Allgemeinen hat dies nur so viel zu
tun, dass es wie jenes nicht selbstverständlich ist.
Ob eine Kommunikation
also gelingt, ein anderes Wort dafür, ist zwar kein regelrechter Glücksfall,
aber auch nicht etwas, was automatisch passiert. Könnte ja sein, dass jemand
der "Feuer" sagt, keineswegs Alarm wegen eines Brandes schlagen will,
sondern sich nur eine Zigarette anstecken will. Solche
Missverständnisse
zeigen also, dass nicht jede Kommunikation "glückt".
Kommunizieren
erfolgt stets mit einem Ziel
Wenn wir mit jemandem kommunizieren, tun wir das niemals ohne ein
▪
Ziel,
stellt also in der Regel ein intentionales Verhalten dar.
Selbst wenn wir nur so drauflos
reden, steckt also dahinter immer eine
kommunikative Absicht. Allerdings gilt dies auch nur eingeschränkt. Denn: ▪
Nicht jeder Sprachgebrauch ist unbedingt kommunikativ.
Das allgemeine Ziel, das wir verfolgen, wenn wir
miteinander kommunizieren, besteht darin, dass das, was wir mitteilen wollen,
auch so bei unserem Kommunikationspartner ankommt und u. U. die Wirkung hat,
die wir uns wünschen.
In einem solchen Fall ist unsere Kommunikation "geglückt".
Das, was wir kommunizieren wollten, hat also in diesem Fall seine
kommunikative Funktion erfüllt.
Die Mitteilung "Feuer" hat also, wenn ihr Sprecher beabsichtigt, von
jemandem Hilfe zum Anzünden einer Zigarette zu erhalten, dann ihre
kommunikative Funktion erfüllt, wenn der oder die Angesprochene ihm ein
Feuerzeug reicht, oder ihm mitteilt, dass er/sie eben "kein Feuer" hat.
Die Ziele, die wir beim Kommunizieren erreichen
wollen, nennt man Intentionen, was im
Grunde nichts anderes als Absichten bedeutet. Und noch weitere
Voraussetzungen müssen stimmen, damit die Kommunikation wirklich klappt.
Nicht jeder bzw. jede, an den die Mitteilung gerichtet ist, lässt sich
einfach mit der Äußerung "Feuer" ansprechen. Wer seinen Chef oder auch
eine fremde Person so anspricht, muss damit rechnen, dass seine Äußerung
ihre kommunikative Funktion, so wie sie geäußert wird, nicht erfüllen
kann. Ohne ein "Bitte" und ohne eine entsprechend höfliche Formulierung
der Bitte, ist also unter Umständen nichts zu machen. Das bedeutet aber
auch, dass die gesamte Situation bzw. einzelne
situative Faktoren einen großen
Einfluss darauf haben können, ob sich die Intentionen, die man verfolgt,
beim Kommunizieren auch verwirklichen lassen.
Alle
zielgerichteten sprachlichen Äußerungen sind Texte
Was immer jemand sprachlich äußert, um ein bestimmtes Ziel zu über
die Kommunikation mit seinem Partner zu erreichen, ist ein
Text.
Ob kurz oder lang, geschrieben oder
gesprochen, Ein-Wort-Satz (z. B. Feuer!), Ein-Satz-Text (z.B. Komm doch
mal vorbei!) oder ein langer Aufsatz "alle zielgerichteten
sprachlichen Äußerungen (sind) als Texte einzustufen, unabhängig davon,
ob sie nun als Schrift-Texte oder Sprechtexte oder elektronische Texte
aktualisiert werden." (Heinemann
2008, S.136)
Der Textbegriff
der textlinguistischen Pragmatik
Unter pragmatischer Perspektive betrachtet werden Texte - ihre Texthaftigkeit (Textualität)
und der Textbegriff - häufig zu einer vom Satz weitgehend losgelösten
sprachlichen Einheit, quasi "als die oberste Organisationsform von
Sprache verstanden". (Linke
u. a. 1994, S.223)
Der pragmatische Ansatz geht dabei von folgenden
Erkenntnissen aus:
-
Sprache und der Kommunikationszusammenhang, in dem sie verwendet
wird, müssen zusammen betrachtet werden.
-
Texte sind dem Satz nicht unter- oder nebengeordnet, sondern
übergeordnet.
-
Texte lassen sich in größere sprachlich-kommunikative
Zusammenhänge einordnen.
-
Texte können aufgrund ihrer Abhängigkeit von konkreten
Kommunikationssituationen nicht wie Sätze in Bezug auf Texte in der
gleichen Art Weise in eine systematische Hierarchie gebracht werden.
-
Texte müssen als Ganzes als komplex strukturierte, thematisch und
konzeptuell
zusammenhängende Einheiten betrachtet werden.
-
Die
Textualität
von Texten ergibt sich nicht mehr ausschließlich aus dem
Vorhandensein von
Kohäsionsmitteln
(▪ syntaktisch-systemlinguistischer Ansatz der
Textlinguistik), sondern auch aus inhaltlichen Aspekten und
außersprachlichen Gesichtspunkten (Kohärenz)
Wenn die Informationen, die auf der
▪ Textoberflächenstruktur
liegen, für das
(▪ (kohärente) Verstehen von Texten
häufig nicht ausreichen, heißt dies zumindest grundsätzlich nicht, dass solche
Texte "schlecht gemacht" sind.
Dass also nicht
alles explizit auf der lokalen Textebene ausgedrückt ist, sich
manche Texte
fremd und sperrig anfühlen, kann und ist schließlich bei
vielen Texten, insbesondere bei literarischen Texten, meistens
gewollt. Ihre
Unbestimmtheitsstellen,
Leerstellen
oder ihre Formen
uneigentlichen Sprechens sind, z. B. bei ▪
modernen Parabeln Strukturelemente, welche die Rezeption der
Texte in einer bestimmten Art und Weise steuern sollen. Dass
literarische Texte prinzipiell vieldeutig (Polyvalenz) sind,
gehört natürlich auch hierher.
Selbst wenn man aus
(▪ kommunikationspsychologischen Gesichtspunkten für
(▪ Verständlichkeit
(▪ Einfachheit,
Gliederung,
▪
Ordnung, ▪
Kürze,
▪
Prägnanz,
▪
zusätzliche
Stimulanz) (v. Thun
1981a) eintritt, kann ein
Text, der auf der Textoberfläche "Textlöcher"
(Linke
u. a. 1994, S.226) oder "Kohärenzlücken" (Christmann
2015, S.173) aufweist,
von einem Leser/Hörer bei seiner eigenständigen ▪
Sinnkonstruktion verstanden werden. (vgl. ▪
Construction-Integration-Model).
Salopp formuliert: Wer einen Text rezipiert, denkt in der Regel auch
mit.
Und dieses Denken macht den Kern dessen aus, was in diesem
Zusammenhang
Textarbeit
genannt wird. (vgl.
Linke
u. a. 1994, S.226)
Dies geschieht durch:
-
Ergänzen von fehlenden
"Textbausteinen" (ebd.)
-
Konstruieren von Beziehungen zwischen den Textelementen, auch
wenn diese nicht auf der Textoberflächenstruktur signalisiert
werden
-
Herstellen einer sinnvollen Ordnung der Textinformationen,
selbst wenn die Anordnung dieser Elemente auf der
Textoberflächenstruktur anderen Gesichtspunkten folgt
"Damit also etwas, was wir hören oder lesen, für uns zu
einem (kohärenten) Text wird, müssen wir im Normalfall selbst
mitarbeiten: Wir leisten Textarbeit." (ebd.)
Eine Antwort darauf, wie dies im Einzelnen aussieht, liefert z.
B. die Kognitionspsychologie mit ihrem konstruktivistischen
Modell des Textverstehens. (▪
Construction-Integration-Model).
▪
Sprechen als
kommunikatives Handeln
▪
Textprozeduren orientierte Schreibdidaktik
▪
Construction-Integration-Modell
des Textverstehens
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
02.04.2024
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