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Literatur und Stil
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Überblick
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Rhetorik und Stilistik in der Antike
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Stilprinzipien
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Ausdruckswerte
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Rhetorische Stilmittel: Figuren und Tropen
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Stilanalyse im Rahmen der
schulischen Textinterpretation
Zu den
Stilmitteln, die einen Text prägen, gehören auch die Stilmittel
des Wortschatzes, die zwar im Prinzip nicht mehr zur
Textstilistik zählen, da sie sich auf die Gestaltungsmittel von
Texten bzw. die stilistischen Ressourcen beziehen, die "das
Sprachsystem oder eine andere Zeichenordnung als wählbar
bereitstellen." (Hoffmann
2017, S.224)
Wörter, denen
eine stilistische Bedeutung zugeschrieben wird, sind
lexikalische Stilelemente, die darauf beruhen, dass unser
Wortschatz stilistisch sehr differenziert ist. Sie können unter
einer lexikografischen Perspektive als (lexikalische)
Wortschatzeinheiten einer bestimmten
Stilschicht zugeordnet werden.
Ein Ansatz, der
dieser Überlegung folgt, ist im »"Wörterbuch
der deutschen Gegenwartssprache" (1964-1977) umgesetzt, das
177.645 Stichwörter umfasst. Es steht in einer Online-Version im
Rahmen des »"DWDS – Digitales
Wörterbuch der deutschen Sprache zur Verfügung.
In dem
Wörterbuch werden vier verschiedene Stilschichten unterschieden.
Wenn man die Umgangssprache, die sich auch als Variante
unterschiedlicher Stilschichten (normalsprachlich,
salopp-umgangssprachlich) aufgefasst werden kann, als
eigenständige Variante versteht, dann lassen sich fünf
Stilschichten unterscheiden. (vgl.
Hoffmann 2017, S.225)
Hier wird, der
Einfachheit halber und aus didaktischen Gründen von einem
Vier-Schichten-Modell gesprochen. Im Deutschunterricht dürfte
das Modell, soweit stilistische Fragen überhaupt aufgegriffen
werden, die größte Verbreitung haben. Es spricht auch viel
dafür, dies beizubehalten, weil die Online-Version des
Wörterbuchs eben auch Zuordnungen vornimmt, die bei
Stilrecherchen von Schülerinnen und Schülern genutzt werden
können.
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Die normalsprachliche Stilschicht
Die
normalsprachliche Stilschicht (man sagt auch häufig Stilebene
dazu, ein Begriff, der hier überwiegend im Kontext des als ▪
Drei-Ebenen-Modell bezeichneten
Ansatzes verwendet wird) kommt im schriftlichen und mündlichen Gebrauch zur
Anwendung und ist die Stilschicht, die im öffentlichen Leben (im
weitesten Sinne) überall gepflegt wird und damit als allgemein
üblich angesehen werden kann. "Auf" dieser Stilschicht wird
gesprochen bzw. formuliert, wenn das, was gesagt bzw.
geschrieben wird, keinen Eindruck emotionaler Beteiligung
hinterlassen soll. Die normalsprachliche Stilschicht entspricht
bis zu einem gewissen Grad der neutralen Stilebene im ▪
Drei-Ebenen-Modell.
Sachlich, nüchtern, neutral und objektiv
sind
die wohl am meisten verwendeten, wenngleich auch nicht ganz
zutreffenden Adjektive, wenn es darum geht, diese
Stilschicht mit
ihrer hohen Affektkontrolle beim kommunikativen sprachlichen
Handeln zu charakterisieren. Die "Normalität" dieser Stilschicht
macht sie zur Bezugsgröße für die anderen vier Stilschichten,
die, abweichend davon, darüber oder darunter liegen.
Wörter, die zu
diesem Wortschatzbereich gehören, finden sich "vor allem im
schriftsprachlichen Gebrauch in den Presse- und
Sachbuchveröffentlichungen, im Wirtschaftsverkehr und in
allgemeinbildenden Texten; aber auch in der mündlichen
Ausdrucksweise des öffentlichen Verkehrs wie in der
Verkehrssprache der Gebildeten." (Sowinski
1978, S.238) Auch der
Wortschatz Umgangssprache kann, sofern er nicht zu sehr von
Dialekt geprägt "in bestimmten Grenzen" (ebd.,
S.239) als eine Art gehobener umgangssprachlicher Variante der
normalsprachlichen Stilschicht zugerechnet werden. Allerdings
gibt es etliche Wörter, "die im normalen Schriftdeutsch" nicht
verwendet werden (z.B. kriegen für bekommen)." (ebd.)
Schriftlich kommen solche Wörter im Allgemeinen nur in privaten
Briefen vor oder auch in der Literatur, "um eine gewisse
Vertraulichkeit auszudrücken." (Wörterbuch
der deutschen Gegenwartssprache (WDG), »Vorwort)
Etliche solcher
Wörter, die zur Umgangssprache gehören, geben Texten auch ein
bestimmtes Lokalkolorit, wenn
sie für den Sprachgebrauch in bestimmten Landschaften typisch
sind (z. B. Brötchen, Semmel, Weckle ...)
oder wenn "hochsprachlichen Texten" ein "sozial geprägtes
Kolorit" hinzugefügt wird, "das auf die Sprache einfacher
Menschen oder bestimmter Berufe verweist." (Sowinski
1978, S.239)
Auch für viele
▪
schulische Schreibformen wie z. B.
beim
▪
Zusammenfassen und beim
▪
Analysieren von Sachtexten, beim
▪
Erörtern von Texten oder bei den
▪
klassischen Formen des erörternden Schreibens (▪
Freie Problem-
und Sacherörterung (▪
Lineare Erörterung
/ ▪
Dialektische Erörterung)
wird ein sachlicher Stil eingefordert und die Abweichung davon
als sprachlich-stilistischer Fehler markiert.
Die gehobene Stilschicht
Die gehobene
Stilschicht ist über der normalsprachlichen Schicht angesiedelt.
Sie entspricht bis zu einem gewissen Grad im ▪
Drei-Ebenen-Modell der ▪
überneutralen Stilebene.
Wörter und Redewendungen, die dazu zählen, sind "Ausdruck einer
gepflegten Sprache" (Wörterbuch
der deutschen Gegenwartssprache (WDG), »Vorwort),
die sich mit ihrem Hang zu Feierlichkeit und Pathos nach unten
von der normalsprachlichen Schicht abgrenzen will. Sie gehört zu
allerlei feierlichen Anlässen des öffentlichen Lebens, wenn wie
z. B. statt Sterben von Ableben, Entschlafen,
Dahinscheiden etc.
die Rede ist. Aber auch in der Sprache der Literatur finden sich
derart auf- bzw. hochgewertete Wörter, wenn z. B. vom Odem
statt Atem oder vom Sich-Empfehlen oder
Sich-Fortbegeben statt einfach vom Fortgehen die Rede
ist.
Die salopp-umgangssprachliche Stilschicht
Diese Stilschicht unterscheidet sich von der
normalsprachlichen durch ihre Lässigkeit bzw." durch eine
gewisse Nachlässigkeit" (ebd.)
und ist in der alltäglichen Kommunikation weit verbreitet. In
bestimmten Kommunikationsbereichen des öffentlichen Lebens kann
sie hingegen als unpassend, sogar anstößig empfunden werden.
Wörter und Redewendungen, die dieser Stilschicht angehören,
werden mehr oder weniger stark mit Gefühlen konnotiert. Zu ihnen
zählen z. B. Wörter wie Abreibung für Tadel oder
Schelte, Affe für Rausch, den Abflug
machen, abdampfen oder die Fliege/die Biege machen für
fortgehen. Wer so spricht oder schreibt, strahlt damit eine
gewisse Ungezwungenheit aus und signalisiert damit im Kontakt
den Anspruch auf eine gewisse Vertrautheit. (vgl.
Sowinski 1978, S.239)
Die Stilschicht der vulgären Wörter und Redewendungen
Es gibt
bestimmte Wörter und Redewendungen, die in bestimmten
Kommunikationsbereichen und Kommunikationssituationen als
vulgär, d. h. als ausgesprochen grob empfunden werden. Sie
werden daher in der Regel vermieden, weil sie auch ausdrücken,
dass man seine Affekte nicht unter Kontrolle hat und von daher
oft eine unbeabsichtigte Selbstcharakterisierung der Person
darstellt, die sie verwendet. Während sie in der
schriftsprachlichen Kommunikation mit Texten eher selten oder
wenn nur als vereinzelte Wörter vorkommen, sind sie in der
mündlichen Kommunikation, in der die Beteiligung von Gefühlen
beim Sprechen deutlicher zum Vorschein kommen kann, eher
verbreitet, z. B. in ▪
Beschimpfungen, Wutausbrüchen etc. Hier werden oftmals
Wortzusammensetzungen gebildet, die "mit Wortelementen des
bäuerlichen oder fäkalen Bereichs (Schweine-, Mist-,
Sau-, Drecks-, Scheiß- u. dgl.)" (vgl.
ebd.)
gebildet werden. Typische vulgäre Ausdrücke sind z. B. Fresse,
Schnauze statt Mund, sich verpissen statt
fortgehen,
Es kommt aber
auch nicht selten vor, dass bestimmte, in den meisten
Kommunikationsbereichen als vulgär oder sogar als obszön
aufgefasste Wörter, alles andere als ausgesprochen grob und
unpassend empfunden werden. Das gilt insbesondere für
Schimpfwörter. ▪
Unter engen Freunden kann die Verwendung eines oder auch
mehrerer Schimpfwörter auch Ausdruck für eine besondere
Vertrautheit und Verbundenheit miteinander sein. Und in
bestimmten sozialen Gruppen, wie z.B. in Jugendkulturen wie der
»Hip-Hop-Szene
und Rapper-Szene gehört das "»Dissen",
mit dem Jugendliche jemanden schräg anmachen, respektlos
behandeln, jemanden schlechtmachen oder schmähen", zum "guten
Ton" und führt oft zu regelrechten ▪ "Schimpfwort-Olympiaden"
u. ä. m.
"Viele der
Jugendlichen empfinden solche kreativen Schimpfwörterkonstruktionen nicht
als beleidigend, sondern als lustig und amüsant. Hier definiert speziell der
soziale Kontext bzw. die Konstruktion der Semiöffentlichkeit, in der solche
Kommunikationsakte gesetzt und verbreitet werden, was als angemessen und was
als unangebracht bzw. verletzend eingestuft wird. Während manche der
Kontakte, speziell diejenigen, die in das soziale Spiel nicht eingeweiht
sind, solche Beleidigungen als verletzend oder als Drohung einstufen würden,
werden Kontakte, die das notwendige Insiderwissen über die Spielregeln des
jeweiligen Wettbewerbs haben, dies ganz anders sehen.” (Maireder/Nagl,
Manuel 2012, S.241)“
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Stilanalyse im Rahmen der
schulischen Textinterpretation
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
09.01.2024
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