▪
Literatur und Stil
▪
Überblick
▪
Rhetorik und Stilistik in der Antike
▪
Stilprinzipien
▪
Ausdruckswerte
Rhetorische Stilmittel: Figuren und Tropen
▪
Stilanalyse im Rahmen der
schulischen Textinterpretation
Auch die
mikrostilistische Gestaltung von Sätzen kann zur ▪
Typenbildung von Stilen herangezogen
werden. Die Satzbaustile – dazu zählen z. B.
der ▪ Nominal-, der ▪
Verbal- und der ▪
Periodenstil – basieren dabei auf bestimmten
syntaktischen Merkmalen.
Der Periodenstil ist ein mikrostilistisches
Gestaltungsprinzip auf Satzebene "überlanger" Gesamtsätze. Die
kunstvoll "gestrickten" "Bandwurmsätze", fachwissenschaftlich
Perioden genannt, gehen auf antike rhetorische Muster der
Satzverknüpfung zurück und sind in der deutschen Literatur weit
verbreitet. Im Periodenstil schrieben, wenn ihnen danach war, ▪
Johann
Wolfgang von Goethe (1749-1832), ▪
Heinrich von Kleist (1777-1811), »Adalbert
Stifter (1805-1868), ▪
Thomas Bernhard (1931-1989), um nur ein paar wenige zu
nennen, die den Periodenstil auch zu einem ▪
individualstilistischen
Vertextungsmerkmal ihrer Texte machten.
Im
System der ▪
Ausdruckswerte von »Wilhelm Schneider (1885-1979)
(1931)
ist der Periodenstil dem ▪
spannungsreichen Stil zugeordnet. Dabei meint der die
Spannung, die an semantische Beziehungen zwischen syntaktischen
Texteinheiten gebunden ist.
Kennzeichnend für den Periodenstil sind nach Michael
Hoffmann (2017, S.117) nicht allein die Anzahl der darin
verarbeiteten Wörter und/oder die ungewöhnliche Satzlänge,
sondern vor allem die folgenden syntaktischen Merkmale:
-
Kombination
parataktischer und hypotaktischer Verknüpfung von Teilsätzen
-
fortwährender
Wechsel von Parataxe und
Hypotaxe
-
Anhängen
weiterführender Nebensätze
-
Erweiterung
von Teilsätzen durch Aufzählungen
-
Unterbrechung
von Satzkonstruktionen durch
Parenthesen u. a. m.
Sinkende und steigende Perioden
Man kann je
nach Typisierung zwei Grundtypen von Perioden unterscheiden, die
sich auch bei zweigliedrigen Satzgefügen, den sogenannten
einfachen Perioden, beobachten
lassen. (vgl.
Sowinksi 1978, S.147)
-
Bei
sinkenden Perioden
("schwanzlastige Periode") sinkt die Satzspannung am Ende
des Satzes ab. Ist dies der Fall, erscheint der Hauptsatz
bzw. Hauptgedanke am Anfang und im Anschluss daran werden
die Nebensätze nach dem Schema H N [N ...] angefügt. So sah
dies schon die antike Rhetorik, deren Periodenkonzept darauf
beruhte, dass "jede Periode zumindest einen
spannungschaffenden Bestandteil (protasis) und einen
spannunglösenden Bestandteil (apodosis) aufweisen muss", so
wie sie bei den sinkenden Perioden auf den Haupt- und
Nebensatz verteilt sind. (z. B. Der Mensch ist mehr, als
Sie von ihm gehalten – Schiller, »Don Carlos«)
Abwandlungen dieses sinkenden Periodentyps als einfache
Perioden bauen das Satzgefüge durch die Vermehrung einzelner
Glieder, z. B. als Reihung von Hauptsätzen oder
Hauptsatzelementen oder durch die Häufung von Nebensätzen.
Oft werden diese Satzgefüge auch noch durch mehrere
Appositionen, Relativ-, Adversativ- oder Finalsätze
erweitert, so dass daraus Kettensätze
entstehen, die die Gefahr mit sich bringen, dass eine
Mehrzahl von abhängigen Gliedsätzen in einer Art zunehmender
Verkettung an- und aneinandergehakt werden, die "nicht nur
auf den Hauptsatz, sondern auf vorangehende Nebensätze
bezogen sind." (Sowinksi
1978, S.149)
-
Bei der
steigenden Periode "wird
die Satzspannung durch vorangestellte und eingeschobene
Nebensätze bis zum Satzende verzögert und erst dann, zumeist
durch Satzglieder in der Eindrucksstelle des Hauptsatzes,
gelöst. Die einfachste Form dieser Periode besteht aus
vorangestelltem Nebensatz und nachgestelltem Hauptsatz (NH),
bei der die Funktion der der »protasis« vom Nebensatz, die
der »apodosis« vom Hauptsatz übernommen wird. (vgl.
ebd.)
Die Spannung dieser Periodenform lässt zahlreiche zahlreiche
Variationen zu. Wie bei der sinkenden Periode mit ihrer
Hauptsatzreihung können bei der steigenden Periode
Nebensätze aneinandergereicht werden. Ebenso kann der
Hauptsatz in einer Art rahmenden
Satzbau von Nebensätzen umklammert werden. Bei einem
unterbrechenden oder entfaltenden Satzbau beginnt die
Periode zwar mit dem Hauptsatz, doch dieser wird bald von
Nebensätzen unterbrochen unterbrochen, danach
weitergeführt, ehe jener den Satz beendet oder erneut
Nebensätzen weicht. (Beispiel)
Periodenstil und Schachtelsätze im Kontext schulischer
Schreibformen
Im Kontext des
schulischen Schreibunterrichts werden Perioden meistens in einen
Topf geworfen mit
Schachtelsätzen und damit als "Stilfehler" markiert. In Gebrauchstexten
gilt die Persiode mit ihren "verwickelten Gedankengängen" (Heringer
1989, S.332) und ihren "Schachteln" (ebd.)
für den Leser als "unerträglich." (ebd.)
"Vermeide
Schachtelsätze! Am besten, du zerreißt keinen Trägersatz,"
lautet daher auch die sprachdidaktisch motivierte
Schreibempfehlung und schreibdidaktische Imperativ, die die Vermeidung von "wie ein Bandwurm" (ebd.,
S.333) wirkenden Satzgebilden zum Ziel haben.
Weitgespannte
Satzgefüge unter dem kommunikationspsychologischen Blickwinkel der
Verständlichkeit
Unter dem
Blickwinkel der
▪
Verständlichkeit
von Texten ist die Vermeidungsstrategie schwer
verständlicher Sätze für bestimmte
gesellschaftliche Kommunikationsbereiche zwingend notwendig,
aber auch im Bereich der Alltagskommunikation verstößt der
Periodenstil gegen die Prinzipien der
▪
sprachlichen Ökonomie und Verständlichkeit
sowie gegen die vier
▪
Verständlichmacher (▪
Einfachheit –
Kürze, ▪
Prägnanz –
▪
Gliederung, Ordnung – ▪
Zusätzliche Stimulanz)
Dass der
Periodenstil nicht zu den ▪
Funktionalstilen des Behördenwesens (Amtsstil) und vor allem
des Rechtswesen passt, bei deren Texten es darauf ankommt, "dass
der Text so verständlich wird wie nur irgend möglich" (Fingerzeige
für die Gesetzes- und Amtssprache 1998, S.28), versteht
sich.
Beispiel: Johann Wolfgang von Goethe
Aus ▪ Johann
Wolfgang von Goethes (1749-1832) Briefroman ▪"Die Leiden des jungen Werther"
stammt die nachfolgende Periode:
"Wenn ich sonst
vom Felsen über den Fluss bis zu jenen Hügeln das fruchtbare Tal
überschaute und alles um mich her keimen und quellen sah; wenn
ich jene Berge, vom Fuße bis auf zum Gipfel, mit hohen, dichten
Bäumen bekleidet, jene Täler in ihren mannigfaltigen Krümmungen
von den lieblichsten Wäldern beschattet sah, und der sanfte
Fluss zwischen den lispelnden Rohren dahingleitete und die
lieben Wolken abspiegelte, die der sanfte Abendwind am Himmel
herüberwiegte; wenn ich dann die Vögel um mich den Wald beleben
hörte, und die Millionen Mückenschwärme im letzten roten Strahle
der Sonne mutig tanzten, und ihr letzter zuckender Blick den
summenden Käfer aus seinem Grase befreite, und das Schwirren und
Weben um mich her mich auf den Boden aufmerksam machte, und das
Moos, das meinem harten Felsen seine Nahrung abzwingt, und das
Geniste, das den dürren Sandhügel hinunter wächst, mir[51] das
innere, glühende, heilige Leben der Natur eröffnete: wie fasste
ich das alles in mein warmes Herz, fühlte mich in der
überfließenden Fülle wie vergöttert, und die herrlichen
Gestalten der unendlichen Welt bewegten sich allbelebend in
meiner Seele."
(aus: Goethes Werke. Hamburger Ausgabe in 14 Bänden. Band 6,
Hamburg 1948 ff, S. 7-60. S.52,
zeno.org)
Werther bringt damit sein überströmendes Naturgefühl zum
Ausdruck. Dazu werden Konditionalsätze angehäuft, die zunächst
vom Gesichtsfeld ausgehen und dann zu den akustischen Eindrücken
fortschreitet, welches das pulsierende Leben der Natur
versinnlicht. Und: "Alle diese Eindrücke werden, sich ständig
steigernd, zusammengefasst – die attributiven Relativsätze
veranschaulichen nur diese Eindrücke – und ihre Wirkung auf
die Seelenlage Werthers bildet den Abschluss in Hauptsätzen, die
als Ausrufe jubelnde Schlussakkorde setzen." (Munsa
1981, S.12)
Beispiel: Heinrich von Kleist
Der
Periodenstil ist Kennzeichen des ▪
Individualstils von ▪
Heinrich von Kleist (1777-1811) in seinen verschiedenen ▪
Erzählungen. ▪
Kleists
Sprache und Stil lebt von solchen weitgespannten Satzgefügen
bzw. die Perioden, weil sich mit ihnen Informationsfülle und dramatisch-situative Spannung ausdrücken lässt. (Sowinski
1978, S.82)
Kleists Chronikstil, bei denen die Hauptsätze im Periodenstil immer wieder
durch Gliedsätze unterbrochen werden, fordert dem Leser/der Leserin
durch die Kombination von parataktischer und hypotaktischer
Verknüpfung von Teilsätzen, dem fortwährenden Wechsel von
Parataxe und
Hypotaxe, dem
Anhängen weiterführender Nebensätze, der Erweiterung von Teilsätzen
durch Aufzählungen und Unterbrechung von Satzkonstruktionen durch
Parenthesen u. a. m. (vgl,
Hoffmann
2017, S.117) einiges ab. Bei seiner Rezeption muss der Leser
ständig auf den verschiedenen Stufen der Periode auf- und absteigen
und darf dabei in diesem syntaktischen Auf und Ab, weder den Hauptsatz als auch den inhaltlichen "roten" Faden verlieren, um den
Sinn zu konstruieren.
Dies zeigt auch die
nachfolgende Textstelle aus seiner Novelle ▪
Michael Kohlhaas, die hier als Satzbauplan ▪
visualisiert wird.
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Ein Beispiel für den
unterbrechenden
Satzbau bei einer steigenden
Periode stammt ebenfalls aus Heinrich von Kleists Novelle ▪
Michael Kohlhaas. Hier wird bder Hauptsatz mehrfach durch
Nebensätze unterbrochen. Dieser "spannende
Satzbau" (Sowinksi
1978, S.150) der Periode bewirkt eine besondere Satzspannung
(Schema: N1, N2, N1, H1,
N3, N4, H1+1, N5+5, H1+1)
Gliedsatzwiederholungen werden durch Wiederholung der
Indexzahlen angedeutet).
"Kaum hatte ich von diesem Standpunkt aus, mit völliger Freiheit der
Aussicht, die Herrschaften und das Weib, das auf dem Schemel vor
ihnen saß und etwas aufzukritzeln schien, erblickt: da steht sie
plötzlich auf ihre Krücken gelehnt, indem sie sich im Volk umsieht,
auf; fasst mich, der nie ein Wort mit ihr wechselte, noch ihrer
Wissenschaft Zeit seines Lebens begehrte, ins Auge; drängt sich
durch den ganzen dichten Auflauf der Menschen zu mir heran und
spricht: ›da! wenn es der Herr wissen will, so mag er dich danach
fragen!‹ " (aus: Heinrich von Kleist: Werke und Briefe in vier
Bänden. Band3, Berlin und Weimar 1978, S. 7-113, h. S.89)
Beispiel: Adalbert Stifter
In
»Adalbert
Stifters (1805-1868), Erzählung »"Der
Waldgänger" (1847) findet sich folgendes Beispiel für den
Periodenstil, mit dem der Autor seine biedermeierliche, für
seine Zeit neuartige Landschaftsbeschreibung gestaltete.
"Über dem ganzen Mühlkreise, der mit den vielen vereinzelten
Streifen seiner Wäldchen und den vielen dazwischen liegenden
Feldern, die bereits gepflügt waren und deren Scholle durch das
lange schöne Wetter fahl geworden, bis in die tiefere Färbung
der böhmischen Höhen zurückgeht, stand schon eine dunkelgraue
Wolkendecke, deren einzelne Teile auf ihrer Überwölbung die
Farbe des Bleies hatten, auf der Unterwölbung aber ein zartes
Blau zeigten und auf die mannigfaltigen zerstreuten Wäldchen
bereits ihr Düster herabwarfen, dass sie in dem ausgedorrten
Grau der Felder wie dunkelblaue Streifen lagen, bis ganz zurück
der noch dunklere und noch blauere Rand des Böhmerwaldes sich
mit dem Grau der Wolken mischte, dass seine Schneidelinie
ununterscheidbar in sie verging."
(aus: Adalbert Stifter, Erzählungen, Stuttgart 1988, S.351, zit.
n.
Heringer 1989, S.332)
In der
Beurteilung von Hans Jürgen
Heringer (1989, S.332f.) kommt der "riesige Satz, den man
kaum überblickt" und bei dem man u. U. am Ende den Anfang schon
wieder vergessen habe, stilistisch und sprachdidaktisch nicht
gut weg. Solche "Schachteln" seien für den Leser "unerträglich".
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Und: wenn es am
Ende eine lange Treppe hinabgehe, wirke dies oft langweilig,
auch wenn eine solche Treppe nicht so unverständlich sei wie ein
Schachtelsatz...
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Beispiel: Friedrich Dürrenmatt
Aus ▪
Friedrich
Dürrenmatts (1921-1990) Erzählung »"Der
Tunnel" (1952), einer surreal wirkenden Kurzgeschichte, die
oft, vielleicht etwas zu kurz gegriffen, als Beispiel für sein
"Dauerthema, nämlich dem Einbruch des Ungewöhnlichen in den
gewöhnlichen Alltag bzw. in die gewohnte Ordnung" (Knopf
2004, S.136) verstanden wird, stammt die nachfolgende
Periode. In der Textstelle, mit der die Kurzgeschichte beginnt,
beschreibt der Erzähler den Protagonisten, einen 24 jährigen
Studenten.
"Ein
Vierundzwanzigjähriger, fett, damit das Schreckliche hinter den
Kulissen, welches er sah (das war seine
Fähigkeit, vielleicht seine einzige) nicht allzu nah an ihn
herankomme, der es liebte, die
Löcher in seinem Fleisch,
da doch gerade durch sie das
Ungeheuerliche hereinströmen konnte, zu verstopfen, derart,
dass er Zigarren rauchte (Ormond
Brasil 10) und über seiner Brille eine zweite trug, eine
Sonnenbrille, und in den Ohren Wattebüschel: Dieser junge Mann,
noch von seinen Eltern abhängig und mit nebulösen Studien auf
der Universität beschäftigt, die in einer zweistündigen
Bahnfahrt zu erreichen war, stieg eines Sonntagnachmittags in
den gewohnten Zug, Abfahrt siebzehnuhrfünfzig, Ankunft
neunzehnuhrsiebenundzwanzig, um anderentags ein Seminar zu
besuchen, das zu schwänzen er schon entschlossen war."
Für Knopf
(2004) wird darin keine "»höhere« gegen eine »niedere«
Wirklichkeit ausgespielt" (ebd.,
S.137), wenn der junge Student sich mit seinem Fett und dem
Verstopfen der »Löcher in
seinem Fleisch« gegen das »Schreckliche« und »Ungeheuerliche«
, das sich hinter den »Kulissen«
verbirgt, ab(schottet)" (ebd.,
S.136). Stattdessen werde durch die Schauspielmetaphorik das
gesamte Geschehen als Fiktion, als Theater deklariert. Es handle
sich daher um Gegenbilder zur gewohnten Wirklichkeit und unter
Umständen auch um Metaphysik. (vgl.
ebd.,
S.137).
Beispiel: Thomas Mann
Aus dem Essay ▪
"Versuch
über Schiller", den
Thomas Mann (1875-1955) anlässlich des 150. Todestags ▪
Friedrich
Schillers (1759-1805) 1955 dessen "Andenken", den eigenen
Worten nach, zwar "in Liebe gewidmet" hat, aber doch "mehr
Selbstporträt des Verfassers als Analyse Schillers" (Albert
1998, S.785, ähnlich auch
Koopmann 2015, S.212) ) und Betonung der Geistesverwandtschaft mit
diesem (vgl.
Carbe
2005, S. 143) gewesen ist, stammt das nachfolgende Beispiel
für den Periodenstil. In der "psychologisierenden
Charakterstudie" (Koopmann
2015, S.212) Manns über Schiller geht es hier um das Thema der
Freundschaft zwischen Friedrich Schiller und ▪
Johann
Wolfgang von Goethe (1749-1832). Der Essay diente, darin
besteht ihr "kulturpolitischer Demonstrationswert" (Albert
1998, S.785), für die beiden Schiller-Reden, die Thomas Mann
am 8.5.1955 in Stuttgart und am 14.5.1955 in Weimar gehalten
hat, um "gegen die Denkhemmungen auf beiden Seiten des »Eisernen
Vorhangs« Einspruch zu erheben." (ebd.)
Nach Weimar, in die DDR, war Thomas Mann als "Weltbürger"
gereist, der "das politische Gerangel zwischen den beiden
Staaten unter kosmopolitischem Aspekt (betrachtete)." (Carbe
2005, S. 1444)
"Dies
Verhältnis ist das zentrale Kapitel seiner Biographie, und eine
wie große Bedeutung die Begegnung, diese auf Gegensätzlichkeit,
Polarität gegründete Freundschaft auch für Goethe besessen haben
mag, wie hoch er sie, namentlich nach des anderen Tode, gehalten
hat – der ihr eigentlich Verfallene, immer tief mit ihr
Beschäftigte, mit ihr Ringende, der, dem sie Leid und Glück
jeder Liebesheimsuchung ersetzte, was Schiller, und Goethes
Verhalten darin war kühl und affektfern im Vergleich mir der zu
ihm drängenden Hassliebe des Partners, der seinen Egoismus
schilt, von ihm als von einer schnöd-hochmütigen Schönen rede,
der man »ein Kind machen müsse«, ganz und gar der Werbende ist;
dessen erregt antithetisches Denken ganz vom Dasein des anderen
bestimmt ist und dessen Gefühl für dieses dem seinen so fremde
Dasein sich in Gedankenlyrik ergießt, welche in schwermütiger
Demut, wenn auch mit vollkommener Manneswürde, die heldische
Mühe, die sein Teil und Los ist, der Begnadung unterordnet und
sich verbietet, ihr zu »zürnen«."
(aus: Thomas
Mann, Versuch über Schiller: Seinem Andenken zum 150. Todestag
in Liebe gewidmet, Berlin und Weimar: Aufbau-Verlag 1955, S.83)
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Literatur und Stil
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Stilprinzipien
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Rhetorische Stilmittel: Figuren und Tropen
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Stilanalyse im Rahmen der
schulischen Textinterpretation
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
09.01.2024
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