Der
▪ Sprecherwechsel, d. h. das für ein Gespräch konstitutive Wechseln von
der Hörer- in die Sprecherrolle, ist einer der zentralen Gegenstände der
linguistischen ▪ Gesprächsanalyse.
Die Art und Weise, wie sich dieser Rollenwechsel
vollzieht, ist häufig unmerklich und verlangt doch eine hohes Maß an
Kooperation der Gesprächspartner untereinander und wir schaffen es
"normalerweise ja auch in einem Gespräch irgendwie 'voranzukommen', ohne
dass es zu verbalen Rempeleien kommt." (Linke
u. a. 1995, S.264)
Wer ein Gespräch mit einem anderen oder mehreren
anderen beginnt, ist sich bewusst, dass damit ein Wechseln von der
Sprecherrolle von einem Teilnehmer auf den anderen prinzipiell möglich und
auch nötig ist.
"Diese Möglichkeit liegt in dem Charakter des dialogischen Handelns
selbst begründet: eine dialogische Handlung ist eine, deren Beendigung
gleichzeitig das Recht oder sogar die Pflicht für den Adressaten enthält,
darauf (verbal, nonverbal oder aktional) einzugehen. [...] Dialoge, in
denen kein Sprecherwechsel (mehr) vorkommt, sind eben keine Dialoge mehr."
(Schwitalla
1979, S.54)
Organisationspannen beim Sprecherwechsel
Nicht jeder
Sprecherwechsel vollzieht sich reibungslos und ohne Schwierigkeiten.
Organisationspannen kommen also schon einmal vor und äußern sich dann z.
B. in Unterbrechungen und Pausen. Doch sind die Gesprächsteilnehmer in der
Regel bemüht, diesem Zustand schnell wieder abzuhelfen. Dazu stehen ihnen
verschiedene Reparaturmechanismen
zur Verfügung.
-
Der ehemalige Sprecher
kann, wenn eine Pause als ein
störendes Schweigen empfunden wird, das Gespräch z. B. dadurch
reparieren, dass er seinen schon beendeten Gesprächsbeitrag
verlängert. Dies kann auf zweierlei Weise geschehen:
-
durch "Nachdoppeln", d. h.
Verwendung von Floskeln wie also, eben, ich meine halt, man sollte
eben ...
-
durch explizite Fremdwahl des nächsten Sprechers, an den das Wort
direkt übergeben wird
Die anderen Gesprächspartner können in einer solchen
Situation mit Pausenfüllern
und/oder Kommentarfloskeln wie
hmmm, jaja, in der Tat, also das ist wirklich eine interessante
Geschichte, so ist das halt zur Reparatur beitragen und damit das
störende Schweigen zu einer Art kollektiver Denkpause umdeuten.
Ist eine ▪
Unterbrechung
der Anlass für eine derartige Organisationspanne, gibt es wieder zwei
Möglichkeiten:
-
Der Unterbrecher kann selbst nach kurzer Zeit seine
Unterbrechung einstellen und das Wort an den Unterbrochenen
zurückgeben.
-
Der Unterbrochene kann, indem er seinen Redebeitrag u. U.
verkürzt, in jedem Fall aber schnell beendet, so tun, als handle es
sich bei der Unterbrechung um einen
▪
Sprecherwechsel mit Überlappen. (vgl.
Linke
u. a. 1995, S.270)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
18.12.2023
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