Bei einem Tonfeature kommt es auf sehr genaues Zuhören und eine konzentrierte
Aufnahme und Verarbeitung von akustischen Informationen an. Als "Kino für
die Ohren" soll bei diesem eine
Klanglandschaft entstehen, die u. a. aus dramatisierte Hörtexten, die
Erlebnisqualitäten besitzen , aus "tönend bewegten Formen" oder
intervallmäßigen Musik- und Worteinblendungen bestehen, die mit Hilfe eines
geeigneten Wiedergabemediums eingespielt werden. Solche Tonfeatures sollen
aus • lernpsychologischen
Gründen in der Schule 5 Minuten, in der Erwachsenenbildung 10
Minuten nicht überschreiten. (vgl.
Wehner 1996, S. 322)
Bestandteile eines Tonfeatures sind dabei Stimmen, Reden, Originaltöne,
• Geräusche, Sounds, Elemente einer Klangcollage, kurzum alles, was auditiv
kommuniziert werden kann. Alle diese auditiven Elemente besitzen ein hohes
Assoziationspotential. Mit ihrer Hilfe können Gedächtnisinhalte wieder
abgerufen werden und dadurch bestimmte Erfahrungen und Eindrücke, Wünsche und
Sehnsüchte wieder Gestalt gewinnen, in dem sie wieder ins Bewusstsein
kommen.
Ein gutes Tonfeature muss für die Teilnehmerinnen und
Teilnehmer eine hohe Erlebnis- und Anmutungsqualität besitzen, um das affektive
Potential der von ihm angesprochenen Emotionen nutzen zu können. Dies hat
auch
Christian Doelker (1989, S.184)
festgestellt. "Musik", so sagt er, "bewirkt beim Rezipienten eine Art
Grundstrom von Emotionalität, eine Bereitschaft, auf affektiver Ebene
Aussagen aufzunehmen und zu verarbeiten, währen die emotionale
Differenzierung - welche verschiedenen Gefühlswerte also empfunden werden -
von den zusätzlichen Elementen der Handlung und insbesondere den kognitiven
Präzisierungen durch das Wort abhängt." Das Tonfeature soll zur Entwicklung von
Hörkompetenz bei Schülerinnen und Schülern beitragen, soll die
Fähigkeit zum Zuhören und die Konzentrationsfähigkeit fördern und
zugleich durch das Erstellen eigener Tonfeatures einen Beitrag zur
Medienkompetenz von Schülerinnen und Schülern leisten. Zugleich werden im
Akt des Zuhörens andere affektive Erfahrungen möglich als diejenigen, die in
unserer vom visuellen dominierten Kultur sonst den Alltag beherrschen. Es gibt
keine festen Regeln, nach denen ein Tonfeature zu gestalten
ist, zumal das Tonfeature auch keine feste Gattung darstellt. Wie bei diesem
sind auch bei den anderen Feature-Formen die Übergänge durchaus fließend.
Tonfeatures können als
• Lernfeatures in allen Phasen
einer Bildungsveranstaltung eingesetzt werden. Sie können je nach Intention
und Inhalt Lernprozesse initiieren, vertiefen oder zusammenfassen. Dennoch:
Was auf den ersten Blick vielleicht vergleichsweise einfach zu realisieren
scheint, hat auch seine Tücken, denn ein derartiges Tonfeature hat einen
vergleichsweise großen Vorbereitungsaufwand - ganz zu schweigen von
seiner technischen Realisation. Wer ein Tonfeature gestalten will, wird
meist nicht darum kommen, seine impulsgebenden und in ihrer Bildsprache
anmutenden, aber zugleich •
verständlichen Texte selbst
zu schreiben.
Nötig ist in heutiger Sicht auch die Fähigkeit, den
Audioschnitt mit geeigneter Software am PC vornehmen zu können, auch
wenn die analoge Technik mit Mikrofon und einem oder zwei analogen
Kassettenrekordern durchaus noch auseichen kann.
Da die Gestaltung eines Tonfeatures durch Schülerinnen und Schüler ohne eine
entsprechende Hörerziehung kaum auf Anhieb gelingen kann, empfiehlt es sich
vor der Inangriffnahme eines komplexeren Tonfeatures mit kleineren
Übungen zur Hörererziehung anzufangen. So kann man z. B. Schülerinnen
und Schüler mit der Aufgabe betrauen, ein Gedicht oder eine kleine
Geschichte vorzulesen und gleichzeitig aufzunehmen mit der Maßgabe, dass z.
B. kein Fehler gemacht werden darf. Wird ein
•
Dramentext zugrunde gelegt,
dann kann der Text natürlich in verschiedenen Rollen aufgenommen werden.
Ferner können für diese
•
sprechgestaltende Interpretation
auch bestimmte Gestaltungshinweise zur Stimmmodulation gegeben werden, die
die in einem derartigen Text gemachte Äußerung als jeweils verschiedenen
Sprechakt realisiert (z.B.
Sprechen Sie die folgende Passage als Wunsch, Bitte oder Befehl aus.). Als
besonders hilfreich hat sich im Bereich der Hörerziehung das Vorspielen
politischer Songs und Kabarettstücke im Rahmen einer an
Unterrichtsintervallen orientierten Methodik- und Didaktik erwiesen. (vgl.
Wehner 1996, S. 326)
Tonfeatures können natürlich auch vom Lehrer vorbereitet werden und an den
vom ihm vorgesehenen Stellen in das unterrichtliche Geschehen eingebracht
werden. Er kann damit versuchen das Vorwissen seiner Schüler zu einem
bestimmten Thema zu aktualisieren oder kann die im Rahmen des Unterrichts
erworbenen Kenntnisse damit vertiefen oder sichern.
Wie gesagt, es gibt dafür keine festen Regeln, außer der natürlich, dass bei
einem Tonfeature die Kommunikation über den auditiven Kanal die wichtigste
ist. Das bedeutet, dass zu einem Tonfeature durchaus auch eine
Visualisierung, eine Folie, ein Text oder ein Arbeitsblatt eingesetzt werden
kann.
Beispiele für Tonfeatures sind:
-
im Zusammenhang
•
medienpädagogischer
Intentionen z. B. ein Feature, bestehend aus 20 TV-Erkennungsmelodien oder
20 Stimmen bekannter Fernsehhelden oder Showstars (von Harald Schmidt bis
Columbo)
-
im Zusammenhang der
•
historisch-politischen Bildung z.B. ein Feature mit
unterschiedlichen alltäglichen Maschinengeräuschen vom Fön bis hin zum
Zischen einer Spraydose
-
im Zusammenhang mit der Analyse
eines
•
Dramentextes im
• Deutschunterricht, z. B. ein Feature mit einzelnen aus dem Text
stammenden Aussagen der Figuren, u. U. noch dadurch verfremdet, dass
Männer- und Frauenstimmen bewusst immer wieder vertauscht sind
-
im Zusammenhang mit einem
bestimmten Thema z. B. eine Feature, das aus einem spontan auf dem
Schulhof oder sonst wo durchgeführten "Laufinterview" besteht
-
im Zusammenhang mit einer
• Präsentationsaufgabe zu einem beliebigen Thema als Einstimmung
Natürlich sind der Erarbeitung
komplexerer Tonfeatures grundsätzlich keine Grenzen gesetzt, sofern die
Aufnahmefähigkeit der Adressaten nicht überstrapaziert wird.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
16.01.2024
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