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Die Frage, wie und ggf.
in welcher Reihenfolge die Informationen eines Text-Bild-Kommunikats erfasst
und daraus Bedeutung konstruiert wird, ist eine zentrale Frage für die
Didaktik und Methodik des Unterrichts mit →diskontinuierlichen
Texten. Empirische Ansätze versuchen das Problem z. B. mit
wahrnehmungspsychologischen
Methoden einzukreisen.
Dabei bedient man sich der so genannten
Blickaufzeichnungsmethode, um Blickbewegungen des Rezipienten ´beim
Betrachten einer Bild-Text-Kombination bzw.
Sehfläche genau
nachvollziehen zu können. Solche Methoden haben in der →Werbung,
wo es stets darauf ankommt, die →Aufmerksamkeit
eines Betrachters zu erregen und auf bestimmte Aussagen zu lenken, eine
lange Tradition.
Auch wenn solche Blickbewegungen beim Betrachten einer Text-Bild-Kombination
nicht immer genau gleich ausfallen können, weil nicht überall die
"klinischen" Laborbedingungen herrschen, unter denen das so genannte
Scanning stattfindet (vgl.
Bonfadelli 2004, S. 70),
kann man nach
Ballstaedt (2005, S.62) doch von mehr oder weniger typischen
Blickbewegungen bzw. Bewegungsrichtungen beim Betrachten von
Text-Bild-Kombinationen ausgehen, die drei größere Bereiche eingeteilt
werden können.Bei der
globalen inhaltlichen Orientierung
-
gewinnt der Betrachter durch
das Erkennen grober Strukturen in wenigen Sekundenbruchteilen einen
Überblick
-
werden visuelle Reize, die
von der Sehfläche ausgehen, aufgenommen und ästhetische Erfahrungen
ermöglicht
-
wird die Perspektive bzw. der
Blickwinkel, unter dem die Sehfläche betrachtet wird, durch Erwartungen
und Motive, Gefühle und persönliche Interessen gesteuert
-
geht der Blick im Allgemeinen
von dem Bild weiter zu Überschriften (Headline,
Subheadline) und kurzen
(Fließ-)Texten
-
findet keine Auswertung bzw.
Analyse von Details statt
Die anschließende Detailauswertung
-
wertet einzelne Elemente der
Text-Bild-Komposition aus
-
führt eine ins Einzelne
gehende Betrachtung der Bildelemente durch und analysiert längere
Textteile
-
wird davon beeinflusst, ob
die wahrgenommenen Aspekte und Elemente mit unseren Erwartungen
übereinstimmen oder nicht und in unsere Rezeptionsschemata passen oder
nicht (Schlüsselreize)
Die begriffliche (konzeptuelle)
Verarbeitung
- erfolgt parallel zur Detailauswertung
- verarbeitet die Informationen und fügt sie in ein Netz von
Assoziationen
- fällt bei der textlichen Aktivierung von Begriffen leichter, weil
Textbegriffe von ihrer Bedeutung eindeutiger sind (Monosemie)
als die grundsätzlich vieldeutigeren Bilder (Polysemie)
Die Abfolge dieser Schritte erfolgt indessen
nicht stets linear, also einfach eins nach dem anderen, denn die Gestalter
von Text-Bild-Kombination bzw. Sehflächen verfügen über ein großes Know-how,
wie der Blick eines Betrachters gelenkt werden kann.
(vgl. auch:
Lebek
2006)
Gert Egle. zuletzt bearbeitet am:
25.10.2019 |
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