Da weder die Art, wie man einen Text annotiert, noch was
annotiert wird, bei allgemeinen Schreibaufgaben festgelegt ist,
haben sich unterschiedliche pragmatische Konzepte entwickelt, die
nach Bedarf miteinander kombiniert werden. Ob und welche zum Einsatz
kommen, hängt von den Schreiberfahrungen, dem Text wie auch der
Schreibaufgabe selbst ab. Trotzdem gehen die hier vorgestellten
Konzepte von einem jeweils anderen Ansatz an die Schreibaufgabe beim
Annotieren heran.
Der Schreiber/die Schreiberin kann sich beim ▪ Annotieren
ganz allgemein von unterschiedlichen Fragen leiten lassen wie:
-
Was ist mir beim
Lesen aufgefallen?
-
Was verstehe ich
nicht?
-
Welche Aussagen
finde ich gut?
-
Was missfällt mir
und findet meine Zustimmung nicht?
-
Was ist dem
Autor/der Autorin des Textes wichtig?
-
...
Ist die
Schreibaufgabe konkreter, z. B. mit der Vorgabe einer
Kommunikationssituation oder eines Aspekts als Relevanzkriterium,
das bei der inhaltlichen Erfassung, Analyse oder Interpretation des
Textes beachtet werden soll, ergeben sich natürlich jede Menge
darauf abgestimmter Fragen.
Was bei der Annotation eines Textes mit der Beantwortung einer
der Fragen getan wird, ist zum Teil sehr unterschiedlich und
fußt auf einem jeweils anderen Blickwinkel auf den Text. Das
Schreibziel,
das damit verfolgt werden kann, ist also sehr verschieden. Auch wenn
die Schreibziele in der Praxis wohl kaum streng auseinanderzuhalten
sind, ist die Reflexion darüber wichtig, ehe man an das Annotieren
geht,
So sind die ersten beiden Fragen beispielsweise ▪
bei der inhaltlichen Erfassung
literarischer Texte mit Annotationen schon allein deshalb gut
geeignet, weil es im ▪
hermeneutischen Prozess des Textverstehens solcher Texte auch um
das Festhalten von ▪
Erstleseeindrücken geht, die als ▪
Vorverständnis fixiert werden sollen. Was einem beim Lesen
auffällt, kann dafür eine wichtige Hilfe sein, wenn es zum
Ausgangspunkt der Zirkelbewegung vom Text weg und wieder zum Text
wird.
Die Fragen "Welche
Aussagen finde ich gut?" und "Was missfällt mir und findet meine
Zustimmung nicht?" passen wohl am besten zur ▪
Annotation kontinuierlicher Sachtexte, um sie für die
Anschlusskommunikation in einem Gespräch über den Text parat zu
haben oder für alle Schreibformen, in denen man sich mit dem Text
beschäftigt, ihn wiedergibt, analysiert und/oder sich kritisch mit
ihm auseinandersetzt.
Auch wenn
die verschiedenen Ansätze zur Annotation in
der
Praxis wohl kaum streng auseinanderzuhalten sind, ist die Reflexion
darüber, wie man beim Annotieren vorgeht, aber dennoch wichtig und
stärkt die
metakognitive Kompetenz im Rahmen der erforderlichen
Schreibkompetenz.